Parlamentswahl in den Niederlanden Rechtsliberale vor Triumph

Den Haag (RP). Nach den letzten Meinungsumfragen könnten die Rechtsliberalen in den Niederlanden bei der Parlamentswahl am Mittwoch stärkste Kraft werden – obwohl Parteichef Mark Rutte einen drakonischen Sparkurs ankündigt. Am Morgen öffneten die Wahllokale für rund zwölf Millionen Wähler.

 Mark Rutte wird zum Bundesparteitag der FDP am 12. November in Frankfurt erwartet.

Mark Rutte wird zum Bundesparteitag der FDP am 12. November in Frankfurt erwartet.

Foto: AP, AP

Den Haag (RP). Nach den letzten Meinungsumfragen könnten die Rechtsliberalen in den Niederlanden bei der Parlamentswahl am Mittwoch stärkste Kraft werden — obwohl Parteichef Mark Rutte einen drakonischen Sparkurs ankündigt. Am Morgen öffneten die Wahllokale für rund zwölf Millionen Wähler.

Die holländischen Sozialdemokraten beschimpfen ihn als "Bulldozer", weil er mit der Brechstange sparen will. Solche Attacken wandelt Mark Rutte schlagfertig um. "Ein Bulldozer räumt auf und schafft Ordnung. Genau das braucht unser Land", sagt der rechtsliberale Favorit im Polderland. Der 43-Jährige könnte trotz — oder gerade wegen — seines radikalen Sanierungskurses Hollands erster liberaler Regierungschef seit fast einem Jahrhundert werden.

Ruttes Partei VVD sagen die Demoskopen 36 der 150 Parlamentssitze voraus, 14 mehr als bisher. Der Hauptgrund für Ruttes Erfolg: die Euro-Krise. "Sie ist ein Geschenk des Himmels für Rutte", sagt Politologe Andre Krouwel von der Universität Amsterdam. "Noch vor ein paar Monaten drehte sich alles um Einwanderung und Integration. Doch jetzt treibt die Angst vor dem Wohlstandsverlust die Niederländer um."

Für Einsparungen von 20 Milliarden Euro

Früher als die meisten anderen warnte Rutte schon Anfang 2008 vor einer Finanzkrise. Härter als alle anderen möchte er nun konsolidieren, um den Staatshaushalt bis 2015 auszugleichen. 20 Milliarden Euro Einsparungen will er den Niederländern in der kommenden Legislaturperiode zumuten: Der Beamtenapparat wird ausgedünnt, der Kündigungsschutz gelockert, das Rentenalter steigt auf 67, das Arbeitslosengeld wird auf ein Jahr befristet, die Leistungen der Krankenkassen werden abgespeckt. Die Beiträge an die EU sollen ebenso halbiert werden wie die Entwicklungshilfe.

"Die Menschen wissen, dass Opfer nötig sein werden. Und sie trauen dem Kandidaten mit der stärksten Reform-Agenda offenbar am ehesten zu, das Land aus der Krise zu führen", sagt Politologe Krouwel.

In TV-Debatten redet der glänzende Rhetoriker Rutte seine Gegner an die Wand: egal ob Rechtspopulist Geert Wilders, den christdemokratischen Premier Jan-Peter Balkenende oder seinen größten Rivalen, den Sozialdemokraten Job Cohen.

Trotzdem ist Cohen der Einzige, der Rutte den Wahlsieg noch nehmen könnte. In den Umfragen kam der 62-Jährige mit seiner PvdA zuletzt bis auf sechs Sitze an Rutte heran. Dabei hatte es nach dem Zerbrechen der schwarz-roten Regierung über den Afghanistan-Einsatz zunächst nach einem Wahlkampf gegen den Anti-Islam-Hetzer Geert Wilders ausgesehen. Der Rechtspopulist führte in den Umfragen, seine Freiheitspartei PVV hatte beste Chancen, stärkste Kraft zu werden. Dann aber kam die Euro-Krise, und der Aufstieg von Mark Rutte begann.

Wilders auf Rang vier

Vor allem aus dem Lager der Christdemokraten liefen ihm massenhaft Wähler zu. Premier Jan-Peter Balkenende verschliss in acht Jahren vier Kabinette. Demoskopen sagen seiner CDA einen dramatischen Absturz von 41 auf 25 Mandate voraus.

Auch Wilders ist mittlerweile auf Rang vier der Umfragen zurückgefallen, kann seine Mandatszahl aber wohl immer noch auf 18 verdoppeln. Von Wirtschaft hat er wenig Ahnung. Und auf seinem Paradefeld, der Ausländerpolitik, gibt sich Rutte fast so kompromisslos wie Wilders selbst.

Berührungsängste mit dem Rechtspopulisten kennt er nicht. Kein Wunder: Wilders war ursprünglich Mitglied der VVD und führte Rutte einst in die Fraktionsarbeit ein. Später wurde Wilders seiner Partei zu radikal und flog raus. Rutte hätte ihn am liebsten zurückgeholt. Deswegen hätte Rutte wohl kein Problem, mit Wilders und den Christdemokraten eine Regierung zu bilden.

Aber auch andere Koalitionen könnten nach der Wahl möglich sein. Klar scheint nur: An Rutte führt kein Weg vorbei. Seinen Anhängern verspricht er nur eins: Kein neues Kabinett ohne drastisches Sparprogramm. Der Strahlemann gibt eben gerne den "Bulldozer".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort