Gastbeitrag von Rafael Seligmann Ohnmächtige Wut nach Halle

Düsseldorf · Nach Anschlägen auf Juden in Deutschland kommt stets der politische Reflex: Das darf nie wieder passieren! Zweifellos. Aber wenn unser Land frei bleiben soll, reicht das nicht. Die Duldung des Hasses muss aufhören.

 Ein Mann mit einer Israel-Flagge, die er um den Körper gebunden hat, steht vor der Synagoge in Haale an der Saale.

Ein Mann mit einer Israel-Flagge, die er um den Körper gebunden hat, steht vor der Synagoge in Haale an der Saale.

Foto: dpa/Jan Woitas

Ich empfinde ohnmächtige Wut. Seit Jahrzehnten bin ich Zeuge von antijüdischen Anschlägen in Deutschland. Danach erscheinen Politiker auf der Bildfläche. Sie sprechen von Trauer und versichern, wie wichtig ihnen das Wiederentstehen jüdischer Gemeinden in Deutschland ist. Und es geschieht nichts oder zumindest zu wenig. Das ist offenbar ein Signal für Nachahmungstäter. Die Opfer sind keineswegs nur Juden. Die Mörder haben auch andere Minderheiten im Visier. Ausländer, Obdachlose, Politiker. Wann begreift die Mehrheitsgesellschaft endlich, dass es nicht nur gegen „die Juden“ geht, sondern gegen die freiheitliche Gesellschaft insgesamt?