Nach-Wahlkampf Promi-Auflauf in Dresden

Leipzig (rpo). Viel ändern wird das Votum des Nachwahlbezirks 160 in Dresden wohl nicht mehr. Trotzdem werden sich sich in den kommenden Tagen in der sächsischen Hauptstadt die Polit-Promis die Klinke in die Hand geben. Angela Merkel, Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine, Gregor Gysi, Guido Westerwelle, Renate Künast - die Liste der bekannten Politiker, die den örtlichen Direktkandidaten Schützenhilfe leisten, ist lang.

Am kommenden Sonntag sind die rund 219.300 Wahlberechtigten des Wahlkreises Dresden I zur Nachwahl aufgerufen. Zwar können die Dresdner mit ihrer nachträglichen Stimmabgabe, die durch den Tod einer NPD-Direktkandidatin kurz vor der Bundestagswahl am 18. September notwendig wurde, im Kräfteverhältnis zwischen Union und SPD im Bundestag wohl allenfalls noch für leichte Verschiebungen sorgen. Doch die Nachwahl hat vor allem für Christdemokraten und Sozialdemokraten psychologische Bedeutung: Wer den Wahlkreis gewinnt, könnte seine Position beim Koalitionspoker stärken.

In der heißen Wahlkampfphase gibt sich die Parteiprominenz deshalb in Dresden noch einmal die Klinke in die Hand: Nach Oskar Lafontaine und Gregor Gysi, die am Mittwoch für die Linkspartei werben wollten, legen sich am Donnerstag Renate Künast für die Grünen sowie Guido Westerwelle und Wolfgang Gerhardt für die FDP ins Zeug.

Zum Abschluss wird am Freitag Angela Merkel auf dem "Volksfest" der CDU erwartet, während die SPD auf ihrem "Oktoberfest" mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Parteichef Franz Müntefering um Dresdner Stimmen wirbt.

CDU kämpft um zusätzliches Mandat

Die CDU kämpft mit ihrem Direktkandidaten Andreas Lämmel vor allem um ein zusätzliches Bundestagsmandat, mit dem sie ihre knappen Sitzvorsprung gegenüber der SPD ausbauen könnte. Im Gegensatz zu seinen Konkurrentinnen Marlies Volkmer von der SPD und Katja Kipping von der Linkspartei, die bereits über die Liste sicher im Bundestag sind, kommt der 46-Jährige nur über das Direktmandat nach Berlin.

Schützenhilfe erhalten die Christdemokraten von der FDP, die offen für die CDU-Erststimme wirbt. Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer geht es über das Direktmandat hinaus auch um ein "Signal" an Schröder, dass dessen Zeit als Kanzler "endgültig vorbei ist". Egal wie die Wahl ausgehe, das Ergebnis werde in jedem "triumphal" vermarktet werden, glaubt Kretschmer.

Für den verlängerten Wahlkampf haben die Parteien tausende Euro zusätzlich locker gemacht. Allein die Dresdner SPD hat rund 10.000 Euro zusätzlich aus ihrer Wahlkampfkasse berappt und 2.000 neue Plakate gehängt. Auch die CDU klebte mindestens 1.000 neue Lämmel-Poster und 20 Großflächenplakate.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Eine Umfrage vom Wochenende sah zwischen CDU und SPD ein Kopf-an-Kopf-Rennen um das Direktmandat im Wahlkreis Dresden I. Lämmel konnte danach mit 32 Prozent der Erststimmen rechnen, gefolgt von Volkmer mit 30 Prozent. Auf Platz drei kam die PDS-Kandidatin. Die weiteren vier Direktbewerber, darunter Ex-Republikaner-Chef Franz Schönhuber, der für die rechtsextreme NPD antritt, spielen im Kampf um das Mandat kaum eine Rolle.

Wer letztlich Gewinner oder Verlierer ist, wird sich erst zeigen, wenn der Bundeswahlleiter am späten Sonntagabend das Ergebnis aus Sachsen mit dem der anderen 298 Bundestagswahlkreise, die bereits am 18. September gewählt haben, in einem komplizierten Verfahren verrechnet hat. Sollte die CDU zusätzlich zum Direktmandat in Dresden I mehr als 41.000 Zweitstimmen bekommen, verliert sie laut Experten an anderer Stelle eines ihrer sicher geglaubten Überhangmandate wieder.

Für den Fall, dass die SPD bei den Zweitstimmen einen Vorsprung von mindestens etwa 40.000 auf die Grünen hat, würden die Sozialdemokraten diesen wohl ein Mandat abnehmen.

Im Schlussspurt vor der Nachwahl kommt es für die Parteien nun darauf an, die Wähler zu mobilisieren. Rund 40 Prozent zeigten sich in der jüngsten Umfrage noch unentschieden. Dass Unbekannte in dieser Woche gefälschte Schreiben des Kreiswahlleiters mit der vermeintlichen Absage der Nachwahl in Umlauf brachten, war für die Wahlkämpfer freilich nicht gerade hilfreich.

(afp)
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