Mecklenburg-Vorpommern Pressestimmen zur Landtagswahl 2016
Bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hat die AfD die CDU überholt. Wir haben Pressestimmen gesammelt.
Die Süddeutsche Zeitung beruhigt: "Wenn man Aufregung und Aufgeregtheit liebt, kann man das, was die AfD bisher in der deutschen Parteiendemokratie angerichtet hat, als Kettensägenmassaker bezeichnen. Aus Union, SPD und Linken wurden Stücke herausgeschnitten; gewohnte Zweierkoalitionen sind da und dort unmöglich geworden. Ein Horror ist das nicht, sondern Aufforderung an die beschnittenen Parteien, klarer, kommunikativer und unterscheidbarer zu werden. [...] Die AfD verbreitet gerne Angst; man muss sich nicht anstecken lassen."
"Es ist schon seltsam, dass die hinausposaunten Warnungen vor Überfremdung, Islamisierung und Kriminalisierung der Gesellschaft ausgerechnet in einem Land wirkten, in dem es kaum Ausländer, kaum Flüchtlinge gibt", schreibt die Mittelbayerische Zeitung. "Das Abschneiden der AfD in Mecklenburg-Vorpommern war nicht einfach Protest gegen 'die da oben', sondern vor allem eine Wutwahl gegen Angela Merkel."
Die Frankfurter Allgemeine sieht nach der Wahl "Merkels abgehängte CDU": "Protest und einem generellen Ressentiment nicht zuletzt gegenüber in der alten Bundesrepublik liebgewonnenen Denkmustern muss erst einmal etwas entgegengesetzt, Vertrauen wieder aufgebaut werden. Vor dieser Herausforderung stehen auch andere, insbesondere aber die Partei der deutschen Einheit."
Spiegel Online sieht im Wahlergebnis ein politisches Debakel für die Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Sie wird mehr erklären, mehr kommunizieren, ihrer Politik einen wärmenden, sinnstiftenden Rahmen geben müssen, um ihre tief verunsicherte Partei auf Kurs zu halten. [...] Der neuerliche Erfolg der AfD wird den Ärger der CSU gegen Merkel befeuern. Denn in der CSU wissen sie nur zu gut, dass ihr altes Dogma, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben darf, spätestens mit diesem Wahlsonntag passé ist."
Mecklenburg-Vorpommern in eine rechtsextreme Schublade zu packen, wäre falsch, schreibt die taz: "Es ist nicht das ganze Bundesland. Es ist ein kleiner Teil seiner Einwohner. Dieser braune Bodensatz ist seit vielen Jahren bereit, menschenverachtende, rassistische Parteien zu wählen, ganz gleich, ob sie im Gewand der NPD oder AfD daherkommen. Diese Haltung gehört bekämpft, nicht umarmt. Das ist die erste Lehre dieser Wahl."
Vier Erkenntnisse sieht Zeit Online nach der Wahl, eine davon: "Die Wut der Menschen hat mit der AfD eine dauerhafte Andockstation gefunden. Die selbst ernannte Alternative für Deutschland wiederholt zwar alle Fehler und Verhaltensauffälligkeiten, die sich andere, aus wenig differenziertem Protest erwachsene Parteien geleistet haben. Doch [...] schaden der AfD weder öffentlich zelebrierte Machtkämpfe noch die veritablen extremistischen oder esoterischen Spinner, die Parteineugründungen ebenso anziehen wie Verschwörungstheorien die digitale Meute."
In der Berliner Zeitung heißt es: "Die AfD ist in ihrer heutigen Gestalt und Einflussbreite ohne den Krieg in Syrien und die Fluchtbewegungen aus den arabischen und afrikanischen Ländern nicht zu denken. [...] Wer heute AfD wählt, wählt keine real existierende Partei. Er wählt Protest und eine Stimmung. Die AfD bietet sich als ideale Projektionsfläche für Wut, Resignation, Gefühle von Benachteiligung und vor allem Angst an. Keine etablierte Partei, keine anständige Partei macht den Menschen vor, sie könne ihnen die Unwägbarkeiten des Lebens abnehmen. Die AfD tut genau das."
"Überraschend ist das Wahlergebnis der AfD in Mecklenburg-Pommern nicht", schreibt die Lausitzer Rundschau. "Aus dem Stand mehr als 21 Prozent und die CDU auf die Plätze verwiesen, das ist eindeutig. Die Populisten mobilieren ihre Wähler - sei es in Sachsen-Anhalt [...] oder nun in Meck-Pomm. [Dass] sich Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) und CDU-Chef Lorenz Caffier auf die AfD-Protestthemen Migration und innere Sicherheit eingelassen haben, anstatt eigene Themen zu platzieren, hat der AfD in die Hände gespielt. Die gestrige Wahl galt als Stimmungsbarometer für die ganze Republik. Ergebnis: Die Stimmung ist ziemlich getrübt."
"Die AfD ist weder ein Naturphänomen noch wird sie nach verbalen Attacken verschwinden. Und was machen die etablierten demokratischen Kräfte? Das, was sie bei viel zu vielen Wahlen zuvor auch schon getan haben. Sie versuchen ihre Stimmenverluste schönzureden, weil es ja nur Sieger geben darf", kommentiert die Frankfurter Rundschau.
Die übrigen Parteien stellt das Wahlergebnis vor eine schwierige Aufgabe, glaubt die Badische Zeitung: "Sie müssen dringend lernen, wie sie die Bürger wieder besser erreichen. Mit taktischen Tricks gelingt das am wenigsten. Doch die Versuchung ist mächtig. Merkel sei schuld, schallt es aus SPD, FDP, Linkspartei und AfD. Die Union täte gut daran zu überlegen, warum fast die gesamte Konkurrenz sich nun ins Zeug legt, um eine geschwächte Kanzlerin vollends zu demontieren - weil sie Merkel insgeheim weiterhin für stark hält."
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