Gemüsekrise in Großbritannien Drohen leere Regale jetzt auch in Deutschland?

Exklusiv | Berlin · Gurken, Salat, Paprika – alles Mangelware in Großbritannien. Da stellt sich die Frage, ob die Gemüsekrise auch nach Deutschland schwappen könnte. Die Preise sind bereits gestiegen.

 Leere Regale in Großbritannien. Auf der Insel herrscht derzeit Gemüsemangel.

Leere Regale in Großbritannien. Auf der Insel herrscht derzeit Gemüsemangel.

Foto: dpa/Yui Mok

Die Gemüseregale in den Supermärkten auf der Insel sind zum Teil leer gefegt, Tomaten, Paprika, Salat und Gurken Mangelware. In Großbritannien werden Obst und Gemüse oft nur noch rationiert verkauft. Drohen leere Regale jetzt auch in Deutschland?

Das Bundeslandwirtschaftsministerium von Cem Özdemir (Grüne) gibt vorerst Entwarnung. „Derzeit ist die Versorgungslage in Deutschland mit frischem Obst und Gemüse gesichert“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion. Engpässe wie in Großbritannien würden von Marktexperten nicht erwartet. „Gleichwohl sind einige Obst- und Gemüsearten in der 1. Februarhälfte deutlich teuer geworden, unter anderem Tomaten, Paprika, Salatgurken sowie Mandarinen und Clementinen“, sagte die Sprecherin.

Die Gründe seien vor allem die kühle Witterung in den Hauptanbaugebieten in Italien und Spanien, aber auch begrenzte Erntemengen in Marokko und der Türkei. „Dadurch ist das Angebot verknappt“, erklärte das Ministerium. Hinzu kämen höhere Frachtkosten. „Auch die energieintensive Glashausproduktion in den Niederlanden und Belgien läuft aufgrund der hohen Energiekosten nicht auf dem Niveau der Jahre zuvor“, sagte die Sprecherin.

In Großbritannien hofft die Regierung nun, dass sich die Lage im eigenen Land in einigen Wochen wieder entspannen wird. Schuld sei das ungewöhnlich kalte Wetter in den Anbaugebieten Spanien und Marokko, so London. Angesichts steigender Strom- und Gaspreise führen Experten die Krise jedoch auch auf mangelnde Unterstützung für die britischen Gemüseproduzenten zurück, die von Energiesubventionen ausgeschlossen wurden.

Und dann ist da noch der Brexit. Auf den EU-Austritt hebt auch Bauernpräsident Joachim Rukwied ab. Er sagte unserer Redaktion: „Die Meldungen von der Insel beweisen den großen Vorteil des EU-Binnenmarktes für die sichere Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland.“ Zwar sei Deutschland ähnlich wie Großbritannien ein massiver Importeur bei Gemüse und Obst, vor allem aus Südeuropa. „Dabei macht der Brexit den Unterschied. Die bürokratischen und zeitaufwendigen Zollformalitäten schrecken viele Händler ab und die knappe Ware bleibt auf dem Kontinent“, erläuterte der Bauernpräsident.

Zugleich warnte Rukwied: „Die deutsche Erzeugung von Obst und Gemüse ist aber akut bedroht, vor allem durch den Mindestlohn von 12 Euro und nationale Einschränkungen bei Pflanzenschutz und Düngung.“ Das mache es den Bauern noch schwerer, wettbewerbsfähig zu bleiben. „Die Gefahr, dass noch mehr Lebensmittel aus dem Ausland kommen, ist groß.“

Inzwischen werden daher Forderungen laut, in Deutschland Abhängigkeiten weiter zu reduzieren. Es sei wichtig, so etwa Unionsfraktionsvize Steffen Bilger (CDU), „dass wir auch in Deutschland mehr Gemüse produzieren und unsere Abhängigkeit von Importen verringern. Letztes Jahr wurden nur 38 Prozent des Gemüses, das wir verbraucht haben, auch hierzulande produziert.“ Höhere Mindestlöhne, explodierende Energiepreise und der Arbeitskräftemangel verschärften die Situation massiv, ergänzte der Agrarexperte.

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