Mehr Kriminalität erwartet Polizei besorgt über Wegfall der Grenzkonrollen

Heringsdorf (RPO). Vier Wochen vor Abschaffung der Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien streiten Innenminister Wolfgang Schäuble und die Polizeigewerkschaft darüber, ob die Sicherheit dort gefährdet ist. Laut Schäuble wird es keinen Sicherheitsverlust geben. Die Polizei befürchtet dagegen einen Anstieg der Kriminalität.

Wegfall der Ost-Grenzen - Fluch oder Segen?
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Foto: ddp

"Die Umstellung von stationären Grenzkontrollen auf mobile Grenzraumüberwachung Zuwachs an Freiheit und ein Plus an Sicherheit bringen", erklärte Schäuble im Ostseebad Heringsdorf. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat dagegen massive Bedenken.

Die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und den Nachbarländern Polen und Tschechien werden am 21. Dezember aufgehoben, weil der Schengen-Raum erweitert wird.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerste im Gegensatz zu Schäuble massive Bedenken gegen den Wegfall der Grenzkontrollen. Dieser erfolge zu früh, da wichtige Fahndungs- und Kommunikationssysteme noch nicht einsatzbereit seien, sagen die Gewerkschafter. Deshalb sei ein Anstieg der Kriminalität in der Grenzregion zu befürchten. Außerdem werde illegale Einwanderung erleichtert. Eine sichtbare Präsenz der Bundespolizei sei weiterhin notwendig.

Mehrere hundert Bundespolizisten demonstrierten in Frankfurt/Oder gegen die Pläne. Schäuble lud die Berufsverbände der Bundespolizei zu einem Gespräch über die Probleme ein.

Der Minister betonte, man nehme die Sorgen der Bevölkerung sehr ernst und habe sich deshalb intensiv mit den östlichen Partnern auf die Grenzöffnung vorbereitet. Vorher hatte er mit seinem polnischen Amtskollegen Grzegorz Schetyna und dem Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), die Grenzöffnung besprochen.

So werde der Bereich beiderseits der Grenzen verstärkt von der Polizei überwacht, etwa mit gemeinsamen Streifen, sagte Schäuble. Im polnischen Swiecko werde ein deutsch-polnisches Zentrum entstehen, in dem alle zuständigen Sicherheitsbehörden beider Länder vertreten seien.

Die GdP warnte dagegen, aus Sicherheitsgründen komme die Öffnung der Grenzen zu früh. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sagte im Radiosender hr-iNFO, die osteuropäischen Staaten hätten "nicht die Sicherheitsstandards wie wir". Sie hätten Probleme in den Bereichen Korruption, Technik und Polizei-Zusammenarbeit, erläuterte Freiberg seine Bedenken. Scharf kritisierte der Gewerkschafter die beabsichtigte Reduzierung der Bundespolizei um 850 und der Länderpolizeikräfte in den Grenzregionen Brandenburgs und Sachsens um etwa 1.000 Beamte.

Von 15 zu 24 Schengen-Staaten

Die Abschaffung regulärer Passkontrollen ist Ergebnis des Schengener Abkommens, das 1985 in dem luxemburgischen Grenzort Schengen unterzeichnet wurde und 1995 in Kraft trat. Heute gehören dem Schengen-Raum 15 Staaten an: Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Dänemark, Schweden, Finnland, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Norwegen und Island.

Am 21. Dezember soll der Schengen-Raum um neun der zehn Staaten erweitert werden, die im Mai 2004 der EU beitraten: Polen, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen und Malta. Die Passkontrollen werden zunächst nur an den Land- und Seegrenzen zu anderen Schengen-Staaten abgeschafft, an den Flughäfen sollen sie erst im Frühjahr 2008 wegfallen.

Der Verzicht auf reguläre Kontrollen an den Binnengrenzen im Schengen-Raum geht Hand in Hand mit einer Stärkung der Außengrenzen. In den Jahren 2004 bis 2006 hat die EU rund 960 Millionen Euro in die Sicherung der Schengen-Außengrenzen investiert.

(ap)
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