Terrorwarnung in Deutschland Politiker fordern lückenlose Überwachung

Berlin (RP/RPO). Angesichts der neuen Warnungen vor Terrorangriffen in Deutschland werden Rufe nach mehr Prävention laut. Auch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) fordert im Gespräch mit unserer Redaktion eine Vorratsdatenspeicherung im Kampf gegen Terroristen. Die Gewerkschaft der Polizei warnt, die Menschen in Deutschland seien auf die Folgen eines Anschlags nicht vorbereitet.

2010: Terrorwarnungen in Deutschland
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Jäger sagte unserer Redaktion: "Datenschutz ist selbstverständlich. Allerdings dürfen wir im Sinne der Opfer nicht so weit gehen, dass Straftaten nicht mehr ordentlich ermittelt und Straftäter nicht zur Rechenschaft gezogen werden können."

Bundesinnenminister und Bundesjustizministerin müssten endlich einen verfassungskonformen Gesetzentwurf vorlegen, betonte der NRW-Innenminister. Bei der Vorratsdatenspeicherung geht es laut Jäger nicht um Inhalte von Gesprächen, sondern um die Verbindungsdaten: "Wann hat wer mit wem telefoniert oder gemailt? Über welchen E-Mail-Account?"

Experten bemängeln gleichzeitig eine unzureichende Vorbereitung, auch der Bevölkerung, auf die drohende Gefahr von Anschlägen. Nach Ansicht des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, gibt es hier Nachholbedarf. Es "wurden in der Entwicklung einige Schritte verpasst und es gibt Sicherheitsdefizite, auf die wir bereits hingewiesen haben", sagte Freiberg. Zudem sei die Bevölkerung nicht ausreichend auf die Folgen vorbereitet.

Forderung nach lückenloser Überwachung

"Wenn ein Anschlag passiert ist, gilt es schließlich auch, damit fertigzuwerden und die Situation aufzuarbeiten", so Freiberg. Dem Vorstoß des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU), die Polizeipräsenz in islamisch geprägten Vierteln zu erhöhen, erteilte Freiberg eine Absage. "Das ist nicht die richtige Maßnahme, die uns vor Anschlägen schützen kann."

Schünemann hatte in einem Positionspapier vor einer steigenden Bedrohung durch deutschstämmige Islamisten gewarnt und 130 "als hochgradig gewaltbereite 'Gefährder''' eingestuft. Zusammen mit Sympathisanten "liegt das militante Potenzial sogar bei 400 Personen." Diese Gruppe müsse lückenlos beobachtet werden. Gegen "Gefährder" müsse man darüber hinaus über präventive Kontrollinstrumente nachdenken wie elektronische Fußfesseln, Aufenthaltsverbote oder auch ein Entzug von Mobiltelefon und Computer.

Auch Unionspolitiker beklagen das bundesverfassungsgerichtliche Aus der Vorratsdatenspeicherung. Wer sich jetzt noch dagegen wehrt, habe die Bedrohungslage nicht verstanden, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Uhl.

Konkrete Hinweise fehlen

"Wenn ein Terrorist erst einmal mit einer Bombe auf dem Bahnhof steht, ist es zu spät", sagte der CSU-Innenexperte. Daher sei eine Kontrolle der Kommunikationsstränge von Gefährdern mithilfe der Vorratsdatenspeicherung unerlässlich. Zudem müsse es eine engere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdiensten geben.

Bayerische Sicherheitskreise bestätigten indessen die Warnungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor Terroranschlägen. Offenbar gebe es einen Zusammenhang mit einem US-Drohnenangriff im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet Anfang Oktober, bei dem nach pakistanischen Geheimdienstangaben mehrere deutsche Islamisten ums Leben gekommen sein sollen.

Aus deren Umfeld solle nun Rache angekündigt worden sein. Gefährder seien auf dem Weg nach oder bereits in Deutschland. Als problematisch betrachteten Sicherheitskreise, dass man ohne Hinweise auf konkrete Vorhaben nur sehr schwer einen Selbstmordanschlag etwa auf den öffentlichen Personennahverkehr oder ein Hotel vereiteln könne.

Sichtbare Polizeipräsenz

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch öffentlich vor einem für Ende des Monats geplanten Terroranschlag in Deutschland gewarnt. Bundesinnenminister de Maizière sprach von Hinweisen eines ausländischen Partners, nach denen ein, "mutmaßliches Anschlagsvorhaben umgesetzt werden" soll. Es lägen aber auch eigene Erkenntnisse über solche Bestrebungen islamistischer Gruppen vor.

Die Bundesbürger müssten sich bis auf weiteres auf eine sichtbare Polizeipräsenz einstellen, sagte de Maizière. Darüber hinaus werde es eine Vielzahl an Vorkehrungen geben, die nicht zu sehen seien. Dies alles diene der Vorbeugung und der Abschreckung: "Wir zeigen Stärke, lassen uns aber nicht einschüchtern", so de Maizière. Es gebe Grund zur Sorge, aber keinen Grund zu Hysterie.

(RP/apd/jre/das)
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