Linke mit Waffen-SS-Mitgliedern verglichen Platzecks Nazi-Vergleich sorgt für Entrüstung

Potsdam/Berlin (RPO). Mit seinem Appell zur Versöhnung mit SED-Nachfolgern hat Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) harsche Reaktionen ausgelöst. CDU, FDP, Grüne und Linke kritisierten am Montag einen Nazi- und SS-Vergleich Platzecks.

Matthias Platzeck herzt die Linke
10 Bilder

Matthias Platzeck herzt die Linke

10 Bilder

Platzeck hatte in einem Beitrag für den "Spiegel" vor dem Hintergrund der Diskussionen um die erste rot-rote Regierung in Brandenburg geschrieben: "Zwei Jahrzehnte nach dem revolutionären Umbruch in der DDR müssen wir in Deutschland endlich anfangen, es mit dem überfälligen Prozess der Versöhnung wirklich ernst zu meinen." Als Beispiel für gelungene Integrationsbemühungen lobte Platzeck versöhnliche Gesten des früheren SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher gegenüber Mitgliedern der Waffen-SS.

"Platzecks Vergleich ist töricht"

Brandenburgs CDU-Vize Sven Petke sagte: "Platzecks Versuch, seine angestrebte Koalition mit der Linkspartei durch Nazi-Vergleiche zu rechtfertigen, ist töricht." Die Thesen zur Integration von Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland würden "allenfalls Jubel bei Extremisten auslösen". Platzecks Geschichtsbild sei "vollkommen abwegig" und tauge nicht für das Amt eines Ministerpräsidenten. Er werde weder ehemaligen SED-Mitgliedern noch heutigen Linke-Politikern gerecht, wenn er seine Koalition darauf baue, diese mit Nazis oder mit Mitgliedern der Waffen-SS zu vergleichen.

"Eine beispiellose Unverschämtheit"

Linke-Bundesvorstand Ulrich Mauer bezeichnete es als "eine beispiellose Unverschämtheit", wenn man sage, an den Kommunisten der DDR müsse die gleiche Integrationsleistung vollzogen werden wie in der BRD an der Waffen-SS. Der Linke-Bundesvorsitzende und ehemalige Fraktionschef in Brandenburg, Lothar Bisky, fügte hinzu, man merke, dass die SPD in Brandenburg zehn Jahre lang mit der CDU regiert habe.

FDP-Landeschef Heinz Lanfermann sprach von einer "kompletten Fehlleistung" Platzecks. Wer meine, es gebe einen Nachholbedarf bei der "Integration von Personen mit besonderer Systemnähe zum DDR-Regime", verschließe die Augen vor der Wirklichkeit. Viele hätten bereits hervorgehobene Positionen inne. Es sei zudem geschmacklos, wenn sich Platzeck auf Schumacher berufe. Niemand in der SPD, am allerwenigsten wohl Schumacher selbst, habe die These vertreten, dass es zur Versöhnung mit ehemaligen NS-Tätern notwendig sei, diese in Regierungsverantwortung zu nehmen. Platzeck betreibe "Geschichtsklitterung", um sein rot-rotes Experiment zu rechtfertigen.

"Eingeschränkte Geschichtswahrnehmung"

Auch der Grünen-Landesvorsitzende Axel Vogel warf Platzeck eine "eingeschränkte Geschichtswahrnehmung" vor. Platzeck suggeriere, die Demokratisierung der Bundesrepublik sei nur durch die Integration von ehemaligen Nazi-Funktionären gelungen. Die Demokratisierung sei aber nicht wegen, sondern trotz der ehemaligen NS-Funktionäre ein Erfolg geworden. Platzeck klammere zudem die 68er-Bewegung aus, die sich gerade wegen der mangelnden Auseinandersetzung mit den Tätern des NS-Staates gebildet habe. In dem Bestreben, die rot-rote Koalition zu verteidigen, habe Platzeck den Maßstab verloren, kritisierte Vogel.

Nach Ansicht des märkischen SPD-Generalsekretärs Klaus Ness geht es nicht um einen Nazi-Vergleich, sondern um Überlegungen, wie es gelingen könne, nach dem Ende von Diktaturen Menschen für die Demokratie zu gewinnen. Nach dem Krieg sei diesbezüglich "Großartiges" geleistet worden. Die Erfolge nach der deutschen Wiedervereinigung seien jedoch zu gering. Insofern habe Platzeck eine mutige Diskussion angeschoben. Der scheidende SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach in Berlin von einem "außerordentlich klugen" Beitrag Platzecks.

(DDP/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort