NRW-FDP-Chef im Interview Pinkwart kritisiert Merkel wegen Genmais-Verbot

Düsseldorf (RP). Im Streit um das Anbau-Verbot von Genmais hat der nordrhein-westfälische Forschungsminister und FDP-Chef Andreas Pinkwart Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf angegriffen. Merkels Haltung sei "schlimm", sagte Pinkwart im Interview mit unserer Redaktion.

NRW-FDP-Chef im Interview: Pinkwart kritisiert Merkel wegen Genmais-Verbot
Foto: ddp

Die Kanzlerin habe sich offensichtlich ganz bewusst aus der Angelegenheit herausgehalten. "Wenn man sich sonst stark macht für den Forschungsstandort Deutschland, dann muss man gerade in solchen Fragen stehen und darf nicht wegtauchen", so der FDP-Landeschef. Das von Aigner ausgesprochene Anbau-Verbot der Genmais-Sorte Mon 810 bezeichnete Pinkwart als unverantwortlich.

Herr Pinkwart, die FDP steht in den Umfragen so gut da wie lange nicht. Ist Angela Merkel ihre beste Wahlkampfhelferin?

Pinkwart: So würde ich das nicht sagen. Ich glaube, dass die FDP in erster Linie mit ihrer Arbeit überzeugt. Und nur in zweiter Linie mag es sein, dass wir vielleicht auch davon profitieren, wenn andere ihre Arbeit nicht ganz so gut machen.

Wie sicher können Sie denn sein, dass enttäuschte CDU-Wähler Ihnen auch an der Urne treu bleiben? Sind das nicht wackelige Leihstimmen?

Pinkwart Ich halte schon den Begriff der Leihstimme für völlig überholt. Die Zeiten, in denen man kontinuierlich für eine Partei stimmte, sind vorbei. Das haben doch spätestens die Landtagswahlen in Bayern gezeigt. Oder schauen Sie nach Hessen: Dort hat die FDP mit ihren 16 Prozent längst nicht nur von ehemaligen CDU-Wählern profitiert, sondern besonders stark auch vom Lager der Nichtwähler.

Wer am 27. September FDP wählt, welche Bundesregierung wählt er denn dann? Schwarz-Gelb? Oder eine Ampel-Koalition?

Pinkwart: Wir wollen möglichst stark werden — nicht, um der Macht willen, sondern um in einer Koalition möglichst viel für die Mitte in unserem Land durchsetzen zu können. Aber natürlich braucht es dafür auch einen Partner, der eine hinreichende programmatische Schnittmenge aufweist. Ich will kein Hehl daraus machen, dass die Union da näher bei uns liegt. Die Müntefering-SPD profiliert sich doch gerade dadurch, dass sie Klientel-Maßnahmen durchdrücken will, die vor allem den Lafontaine-Anhängern gefallen sollen, am Ende aber von den einstigen Helmut Schmidt-Wählern bezahlt werden müssen. Das gilt für die Abwrackprämie genauso wie für den jüngsten Vorschlag einer Steuerprämie von 300 Euro. Damit bereitet Müntefering in Wirklichkeit doch ein rot-rot-grünes Bündnis vor. Die Ampel-Diskussionen dienen da nur als Ablenkungsmanöver.

Würde die FDP zustimmen, dass sich NRW notfalls an Opel beteiligt?

Pinkwart: Es gibt in NRW ein Bürgschaftsprogramm, das wir ja eigens noch einmal ausgeweitet haben. Es steht prinzipiell allen Unternehmen in einer Notlage offen und damit auch Opel, vorausgesetzt es liegt ein tragfähiges Konzept vor. Einen VEB Opel wird es mit der FDP aber garantiert nicht geben.

Was halten Sie davon, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) jetzt eine genmanipulierte Maissorte verboten hat?

Pinkwart: Ich schätze Frau Aigner persönlich sehr, die in vielen Forschungsfragen immer sehr vernünftige Positionen vertreten hat. Umso mehr bedaure ich es, dass sie sich in diesem Fall ganz offensichtlich von ihrem Parteivorsitzenden hat drängen lassen, eine sehr populistische Haltung einzunehmen. Ich halte das für fatal für den Forschungsstandort Deutschland. Und für noch viel schlimmer halte ich die Haltung der Bundeskanzlerin, die sich offensichtlich ganz bewusst aus der Angelegenheit herausgehalten hat. Wenn man sich sonst stark macht für den Forschungsstandort Deutschland, dann muss man gerade in solchen Fragen stehen und darf nicht wegtauchen. Ich finde diese Entscheidung unverantwortlich. Hier wurde aus einer emotional sicherlich verständlichen Sorge der Menschen eine fachlich unhaltbare Schlussfolgerung gezogen. Wenn diese Entwicklung sich fortsetzt, dann wird das Innovationsland Deutschland irgendwann vom Exporteur zum Importeur von Zukunftstechnologie.

Matthias Beermann fasste das Gespräch zusammen

(ots)
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