Städtetag begrüßt Pläne Anwohner könnten bald bis zu 200 Euro für Parken zahlen

Berlin · Neue Radwege oder Ladesäulen für E-Autos brauchen Platz. Der aber wird in vielen Städten knapp. Auch um Spielraum etwa für günstigere Nahverkehrstickets oder neue Radwege zu schaffen, könnten Kommunen künftig beim Anwohner-Parken an der Preisschraube drehen.

 Anwohner könnten bald deutlich mehr für Parkausweise zahlen.

Anwohner könnten bald deutlich mehr für Parkausweise zahlen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Anwohnerparkausweise in Städten könnten künftig teurer werden. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will zusammen mit Ländern und Kommunen prüfen, inwieweit die obere Grenze für das Bewohnerparken von derzeit 30,70 Euro pro Jahr neu gesteckt und von den Kommunen individuell festgesetzt werden könnte. Der Deutsche Städtetag begrüßte die Pläne und hält einen künftigen Rahmen für Bewohnerparkausweise von 20 bis 200 Euro pro Jahr für denkbar.

Wie das Verkehrsministerium mitteilte, soll die Frage in einem „Bündnis moderne Mobilität“ erörtert werden. Dieses soll am 21. November gemeinsam mit den Verkehrsministern der Länder und den kommunalen Spitzenverbänden ins Leben gerufen werden. Konkrete Maßnahmen sollen dann im Nachgang zur Gründung zwischen den Bündnispartnern besprochen werden. Themen sollen auch der Ausbau des Rad- und Fußverkehrs und des Öffentlichen Personennahverkehrs sein.

Scheuer hat Anfang Oktober bei einer Veranstaltung zum Nationalen Radverkehrsplan in Berlin angekündigt. Er will nun laut Ministerium gemeinsam mit den Bündnispartnern Rahmenbedingungen schaffen, die die Kommunen brauchen, um vor Ort den Wandel zu einer modernen Mobilität zu vollziehen. Dabei gehe es auch darum, Klimaschutzziele zu erreichen: „Dazu gehört auch, den umweltfreundlichen Verkehrsmitteln den notwendigen Platz einzuräumen.“ Kostenpflichtiger Inhalt NRW bekommt ein Fahrradgesetz.

Die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr schreibt bisher den Kommunen bei einem Bewohnerparkausweis eine Bandbreite von 10,20 Euro bis 30,70 Euro pro Jahr vor. Es gibt allerdings große Unterschiede von Stadt zu Stadt. In vielen Wohngebieten vor allem in Großstädten ist das Parken nur mit einem Bewohnerparkausweis erlaubt. Anwohner sollen dadurch ihre Wohnung fußläufig erreichen können.

Deutschland rangiert bei den Kosten für Bewohner-Parkausweise im internationalen Vergleich weit hinten, wie es in einem im Februar vorgelegten Papier der ökologischen Denkfabrik Agora Verkehrswende heißt. „Gebühren fürs Anwohnerparken sind in Deutschland viel zu niedrig“, sagte Anika Meenken vom Verkehrsclub Deutschland der Deutschen Presse-Agentur. „In Kopenhagen zum Beispiel kostet ein Anwohnerparkausweis 158 Euro pro Jahr - das könnte eine neue Untergrenze in Deutschland sein. Die Mehreinnahmen könnten Kommunen zum Beispiel in den Ausbau des Radverkehrs investieren, wie dies in Amsterdam der Fall ist.“

Kommunale Spitzenverbände begrüßten die Pläne Scheuers. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte der dpa: „Für die Städte ist es ein Dauerthema, wie der begrenzte öffentliche Raum in den Städten genutzt wird und Parkflächen bewirtschaftet werden. Ein wesentliches Element dazu sind Bewohnerparkausweise.“ Deshalb wäre es sinnvoll, wenn der Bund die Entscheidung über die Gebühr für solche Ausweise in die Hand der Kommunen legen würde.

„Wenn es darum geht, den seit 1993 unveränderten Gebührenrahmen für das Ausstellen von Bewohnerparkausweisen anzupassen, könnte sich ein Rahmen von 20 bis 200 Euro anbieten“, sagte Dedy. „Über die Höhe der Gebühr muss vor Ort entschieden werden. Es geht darum, den Verwaltungsaufwand und den Wert eines Parkplatzes zu berücksichtigen.“ Es werde vielerorts deutlich, dass die Art und Weise, wie der Verkehr derzeit organisiert sei, an seine Grenzen komme.„ Wir brauchen eine Verkehrswende. Die Mobilität in den Städten wird vielfältiger und muss nachhaltiger und moderner werden.“

Der Bundesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, Burkhard Stork, sagte: „Das Parken muss generell teurer werden, denn der Platz in den Städten ist knapp – und parkende Autos brauchen Unmengen an Platz. Wir wollen, dass die Kommunen die Möglichkeit bekommen, das Parken überall kostenpflichtig zu machen – damit sie mehr Platz für Radwege und Fußgängerflächen freimachen können.““

Für den Deutschen Städte- und Gemeindebund sagte Mobilitätsexperte Jan Strehmann der Deutschen Presse-Agentur: „Die Städte und Gemeinden benötigen mehr Gestaltungsspielräume, um die Verkehrswende zur Erreichung der Klimaziele und für mehr Lebensqualität vor Ort umzusetzen.“ Die bisherige Obergrenze für Anwohnerparkausweise von 30,70 Euro pro Jahr werde mittlerweile von fast allen betroffenen Kommunen ausgeschöpft. „Die Preise für andere Verkehrsmittel, beispielsweise für ÖPNV-Jahreskarten, mussten vor dem Hintergrund allgemeiner Preis- und Lohnsteigerungen in den vergangen Jahren kontinuierlich angehoben werden.“

Ein Sprecher des Autofahrerclubs ADAC sagte, eine flexiblere Regelung gebe den Kommunen mehr Handlungsspielraum, um knappen Parkraum effektiver bewirtschaften zu können. „Auf eine Obergrenze sollte jedoch nicht verzichtet werden, denn Mobilität muss bezahlbar bleiben.“ Städte und Gemeinden sollten die Gebühren „sozialverträglich belassen“. Generell sollten Kommunen ein Gesamtkonzept haben, das über Gebührengestaltung hinausgehe und den Anwohnern Alternativen aufzeige.

(lukra/dpa)
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