Scharfe Kritik an Bleiberechtsregelung Opposition geißelt Einigung als "Wettlauf der Schäbigkeit"

Berlin (RPO). Die Opposition hat den Bleiberechtskompromiss der großen Koalition scharf kritisert. Grünen-Chefin Claudia Roth spricht von einem "Wettlauf der Schäbigkeit". In der Nacht zum Dienstag hatten sich Spitzenvertreter von Union und SPD auf eine Einigung beim lange umstrittenen Bleiberecht für geduldete Flüchtlinge verständigt.

Der Kompromiss sieht vor, dass die Ausländer ab 1. Juli ein gesichertes Bleiberecht erhalten, allerdings bis 2009 eine reguläre Arbeit nachweisen müssen. Zusätzliche Sozialleistungen sollen durch die Regelung nicht anfallen. Den Ländern ist es freigestellt, auch künftig nur Sachleistungen zu gewähren.

Claudia Roth geißelte die Einigung am Dienstag mit harten Worten. Ein ohnehin schlechter und lückenhafter Kompromiss sei noch schlechter geworden. "Man reduziert weiter die Standards für geduldete Menschen", bemängelte Roth im Bayerischen Rundfunk. Die Verschärfungen etwa beim Familiennachzug und der Einbürgerung stellten "drastische Rückschritte" dar. Die Forderung "zuerst Arbeit und dann Aufenthalt" sei absolut "weltfremd". Vom Bleiberecht profitierten bestenfalls "Menschen, die verwertbar sind aus ökonomischen Gründen". Wer wirklich Schutz und Unterstützung brauche, bekomme dagegen keine Hilfe, beklagte die Grünen-Vorsitzende.

An dem dreieinhalbstündigen Gespräch im Innenministerium hatten Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) und CSU-Chef Edmund Stoiber teilgenommen. Mit der Einigung wird der Weg für eine umfassende Überarbeitung des Zuwanderungsgesetzes aus dem Jahr 2005 freigemacht.

Die Diskussion über ein Bleiberecht für die etwa 174.000 seit Jahren ohne gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland lebenden Ausländer geht seit langem hin und her. Trotz einer Grundsatzeinigung der Innenminister von Bund und Ländern im vergangenen Herbst und einer Verständigung in der Koalition auf Expertenebene konnte das Thema erst jetzt abschließend geklärt werden.

Sanktionen gegen Verweigerer

Bei dem Spitzengespräch am Montagabend ging es vor allem noch um den Umfang der Sozialleistungen. Der Kompromiss wird weitgehend den Forderungen der CSU gerecht. Bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhalten die Ausländer kein Elterngeld. Den Ländern wird selbst überlassen, ob sie nur Sachleistungen oder auch finanzielle Hilfe gewähren. "Damit wird erreicht, dass diese Altfallregelung bis zur Arbeitsaufnahme zu keinen höheren Sozialleistungen führt", hieß es in einer vom Innenministerium verbreiteten Erklärung. In Unionskreisen wurde nach der Sitzung betont, dass es mit der Einigung nur eine Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" bis 2009 und "keine weitere Zuwanderung in die Sozialsysteme" gebe.

Der Kompromiss soll nun schnell umgesetzt werden. "Einer zügigen Kabinettsbefassung und parlamentarischen Beratung steht nun nichts mehr im Wege", erklärte das Innenministerium. Neben dem Bleiberecht sollen mit dem geplanten Gesetz elf EU-Richtlinien zum Aufenthalts- und Asylrecht umgesetzt und weitere Änderungen an dem seit mehr als zwei Jahren gültigen Zuwanderungsgesetz vorgenommen werden.

Unter anderem soll der Nachzug von Ehegatten künftig erst ab einem Alter von 18 Jahren möglich sein. Damit will die Regierung gegen Zwangsehen vorgehen und Integration fördern. Die Zusammenarbeit der Ausländerbehörden und der Sicherheitsbehörden soll verbessert werden. Bei Visa-Anträgen müssen Ausländer künftig einen Fingerabdruck abgeben. Die Verweigerung der Teilnahme an Integrationskursen soll mit Sanktionen geahndet werden.

(afp)
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