Debatte über Bewerbung Olympische Spiele wieder mal in Deutschland?

Analyse | Berlin · Nach der Fußball-WM ist vor den Olympischen Spielen. 1972 richtete Deutschland letztmalig dieses Großereignis aus. Der Sportausschuss des Bundestages ist sich weitgehend einig: Es ist mal wieder Zeit für eine Bewerbung. Aber nicht um jeden Preis.

 Deutschland sollte sich mal wieder um Olympia bewerben, findet der Sportausschuss des Bundestages.

Deutschland sollte sich mal wieder um Olympia bewerben, findet der Sportausschuss des Bundestages.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Die Weltmeisterschaft in Katar ist erst zwei Wochen her, aber gefühlt schon ziemlich weit weg. Freilich steht das nächste fußballerische Top-Event fast schon vor der Tür: Die Europameisterschaft 2024 hierzulande. Und im selben Jahr finden die Olympischen Spiele in Paris statt. Sollte sich Deutschland auch mal wieder um dieses Großereignis bewerben?

Die Debatte um Katar, um die Ausrichtung der WM in einem Wüstenstaat, die Frage der Menschenrechte und der Umstand, dass tausende Wanderarbeiter beim Bau der Stadien ihre Leben ließen, hat die Politik nachhaltig sensibilisiert. Die Vergabe an Katar sei ein Fehler gewesen, hieß es zu Beginn der WM aus allen Parteien. Das FDP-Präsidium verabschiedete sogar einen Forderungskatalog. Vertreter des Deutschen Fußballbundes (DFB) oder des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) dürften Bewerbungen nur noch zustimmen, „wenn die Gastgeberländer demokratische und menschenrechtliche Standards erfüllen und garantieren“, so die Liberalen unter anderem. Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien zudem vereinbart, man wolle Bewerbungen für Sportgroßveranstaltungen aus Deutschland unterstützen, wenn sie an die „UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und Nachhaltigkeit geknüpft“ seien. Auch werde man dann die Bevölkerung rechtzeitig einbeziehen.

Die letzten Debakel sind noch in Erinnerung. München und Garmisch-Partenkirchen etwa wollten gemeinsame Winterspiele, doch 2013 stimmte eine Mehrheit der Bürger dagegen. Insgesamt scheiterten sechs Bewerbungen seit den Sommerspielen von München vor 50 Jahren zum Teil kläglich – etwa die von Leipzig, Hamburg oder Berlin, wo schon über einen erneuten Versuch für die Spiele 2036 nachgedacht wird. Kürzlich kündigte der DOSB an, eine grundsätzliche Entscheidung vorzubereiten, ob Deutschland sich für Olympia bewerben solle. Spiele, die dann „allerhöchsten Ansprüchen in Bereichen wie Menschenrechten, Diversität und Nachhaltigkeit genügen“, wie es hieß.

Inzwischen hat sich auch der Sportausschuss des Bundestages mit dem Thema beschäftigt. Weil es in den vergangenen Jahren mehrfach Kritik an der Vergabe an autokratisch geführte Staaten durch das IOC gegeben habe – wie an Peking 2022 – müssten eben die Voraussetzungen für eine deutsche Bewerbung „um die Olympischen Sommerspiele zum nächstmöglichen Termin“ geschaffen werden, hatte die AfD beantragt. Der Antrag fiel zwar durch. Dennoch positionierten sich die anderen Fraktionen – und zwar eher pro Olympia.

So betonte die SPD, dass es weiterhin das Ziel sei, Olympische und Paralympische Spiele „mittel- bis langfristig wieder nach Deutschland zu holen“. Aus den vergeblichen Versuchen müssten aber die richtigen Lehren gezogen und „eine erfolgversprechende Strategie“ entwickelt werden. Unter anderem mit Blick auf „eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz“. Auch die Union begrüßte das Bemühen, aber die Vergangenheit habe gezeigt, dass das Verfahren äußerst komplex sei. Zunächst müsse daher die „lokale Bevölkerung“ überzeugt werden, bevor eine Bewerbung überhaupt die erste Hürde erfolgreich nehmen könne.

Die Grünen merkten an, dass es Sache des DOSB sei, über eine Olympiabewerbung einer Stadt oder Region zu entscheiden. Auch sei man gegen einen Automatismus, falls man sich beim IOC nicht durchsetzen könne. Die Fraktion der FDP erklärte, zuallererst müsse eine Bewerberstadt gefunden werden, um vorab das wichtigste Argument – den Austragungsort – festzulegen. Die Linke wies schließlich noch darauf hin, dass es bereits umfassende Debatten im organisierten Sport und in der Bundespolitik über Voraussetzungen und Möglichkeiten gebe. Dann müssten aber „die gravierenden Defizite bei der Teilhabe am Sport abgebaut“ werden. Entschieden ist also noch nichts. Aber mit Olympia liebäugeln alle.

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