Bundeskanzler in Rom Scholz und Meloni werben für gemeinsames EU-Abkommen zur Migration

Rom/Berlin · In Luxemburg verhandeln die Innenminister der EU-Staaten über eine Reform des gemeinsamen Asylsystems. Das Thema europäisches Asylrecht spielt auch eine Rolle beim heutigen Besuch von Bundeskanzler Scholz in Rom.

 Bundeskanzler Olaf Scholz zu Gast bei Giorgia Meloni in Rom.

Bundeskanzler Olaf Scholz zu Gast bei Giorgia Meloni in Rom.

Foto: AP/Roberto Monaldo

Der Anflug auf die italienische Hauptstadt gestaltet sich schwierig. Es gibt kleinere Turbulenzen, die Kanzlermaschine nährt sich der Landebahn des Flughafens in Rom. Doch dann eine Böe und die Maschine mit Olaf Scholz und seiner Delegation an Bord muss in letzter Sekunde durchstarten. Nach einem Bogen um den Flughafen klappt es im zweiten Anlauf, die verloren gegangen Zeit muss dann mit der Autokolonne wieder rein geholt werden. Es geht durch die vielbefahrenen Straßen Roms, ein größerer Unfall wird geradeso vermieden.

So stürmisch wie der Beginn war, so harmonisch gestaltet sich dann das Treffen des Kanzlers mit der ultra-rechten italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni. Man hatte viele Themen auf der Agenda, das Gespräch dauert eine Stunde länger als geplant. Aus Scholz Sicht ist die Katastrophe in Italien bislang ausgeblieben. Die Befürchtungen, dass die rechtsradikale italienische Regierungschefin zur Gefahr für Europa werden könnte, haben sich bisher aus seiner Sicht nicht bestätigt. Scholz sieht keinen Bruch im Verhältnis zu Italien, hält die italienische Demokratie für gefestigt und die Gefahr eines Italexit – eines Austritt Italiens aus der EU – für nahezu Null. Man arbeite gut und vertrauensvoll zusammen, daran habe sich nichts geändert.

Es ist der erste Besuch des Kanzlers in der italienischen Hauptstadt, seitdem die Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia im Oktober die Regierung übernommen hat. Im Februar war Meloni bereits zu ihrem Antrittsbesuch in Berlin. Damals hatte Scholz schon erklärt, dass er auch mit der neuen italienischen Regierung eng kooperieren wolle. Seitdem hat er Meloni bei verschiedenen Gelegenheiten, etwa dem G7-Gipfel oder dem Gipfel der Europäischen Gemeinschaft letzte Woche in Moldau, getroffen und gesprochen,

Auch Meloni, die Deutschland als Oppositionspolitikerin noch scharf angegriffen hatte, schlägt inzwischen versöhnliche Töne an. Bei ihrem Berlin-Besuch im Februar wollte sie sich nicht mehr so recht an eine frühere Aussage erinnern, sie sei allergisch gegen Deutschland. Auch anders als noch vor ihrer Regierungsübernahme ist sie als Ministerpräsidentin bislang sehr EU-freundlich aufgetreten und hat einen augenscheinlich guten Draht zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auch bei der Unterstützung des ukrainischen Abwehrkampfs gegen Russland ist sie auf einer Linie mit Berlin und Paris.

Meloni betont dann bei der gemeinsamen Pressekonferenz, dass es einen „Paradigmenwechsel“ in der europäischen Asylpolitik brauche. Man müsse die externen Grenzen Europas verteidigen und zwischen Asylberechtigten und Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden. Sie hoffe, dass man sich innerhalb der EU „wenigstens auf halbem Wege“ einige. „Es wird schwierig, wenn wir die Probleme auf die anderen Partner abwälzen“, sagt Meloni. „Ich bin absolut überzeugt, dass wir zu einer Lösung kommen werden“, fügt sie mit Blick auf die Beratungen der EU-Innenminister in Luxemburg am Donnerstag hinzu.

Sie selbst reise in den nächsten Tagen gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen nach Tunesien, um über Migrationsthemen zu verhandeln. Über die beiden deutschen festgesetzten Seenotrettungsschiffe sei nicht gesprochen worden, fügte Meloni hinzu.

Der Kanzler warnt ebenfalls davor, dass die Versuche einer Einigung scheitern würden, wenn man die Probleme der steigenden Flüchtlingszahlen nicht gemeinsam angehe. Er hoffe auf eine Einigung der Innenminister und Innenministerinnen am Donnerstag „oder spätestens bald“, sagt Scholz. Er erneuerte das Angebot an die Herkunftsländer der Flüchtlinge, Verträge über eine legale Migration nach Deutschland abzuschließen. Scholz macht deutlich, dass 80 Prozent der Flüchtlinge, die nach Deutschland kämen, nicht kontrolliert würden. Die Frage nach Grenzkontrollen als Folge davon beantwortet er allerdings in Rom nicht.

Der Deutsche und die Italienerin, obwohl aus völlig gegensätzlichen politischen Lagern kommend, haben, so macht es die Körpersprache von beiden deutlich, haben einen Weg der Verständigung untereinander gefunden. Meloni findet dann auch deutliche Worte zur Ukraine. Frieden können nicht ausgetauscht werden mit dem Wort Invasion. Es gehe um die Freiheit der Ukraine. Scholz nickt zustimmend.

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