Olaf Scholz bringt Haushalt ein Der „Weiter-So“-Minister

Berlin · Leidenschaftslos bringt Finanzminister Scholz seinen ersten Haushalt in den Bundestag ein, ein gefundenes Fressen für die Opposition.

 Olaf Scholz (SPD) mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Olaf Scholz (SPD) mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Foto: AFP/TOBIAS SCHWARZ

„Solide, gerecht, zukunftsorientiert“ nennt Olaf Scholz im Bundestag den ersten Haushalt, den er als Bundesfinanzminister zu verantworten hat. In seiner Einbringungsrede für den 341-Milliarden-Etat 2018 hält er sich strikt ans Redemanuskript, während im Plenum zunehmend gezischelt und gealbert wird, je länger Scholz spricht und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Regierungsbank müde auf ihrem Handy herumtippt. Scholz wirkt so, als wolle er selbst verkörpern, wie sein Zahlenwerk sein soll: vor allem solide.

Die Rede des Finanzministers enthält kaum Höhepunkte, kaum Neuigkeiten - und gerät so zu einem gefundenen Fressen für die Opposition, die sie genüsslich zerreißt. Die Grünen werfen Scholz Ideenlosigkeit und einen „unglaublichen Fehlstart“ vor, die Linken Mutlosigkeit und zu geringe Investitionen.

Die AfD findet Scholz verlogen, weil er die hohen Finanzrisiken verschwiegen habe, die Deutschland in der europäischen Finanzkrise eingegangen ist. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke sagt, er habe noch nie eine so leidenschaftslose Einbringung eines Haushalts erlebt.

Olaf Scholz - Finanzminister, Vizekanzler, hanseatisch kühler Analyst
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Selbst in der SPD ist Unruhe zu spüren, denn der Vizekanzler nutzt aus der Sicht vieler Parteilinker nicht die Chance zur Profilierung, die sich ihm in diesem wichtigen Amt bietet.

Scholz bleibt sich treu

Scholz aber bleibt sich treu. Er verteidigt die „schwarze Null“ im Haushalt, an der er während der gesamten Legislaturperiode bis 2021 festhalten will. „Wir verehren keinen Fetisch“, betont er zwar mit Blick auf die Kritiker auf der linken Seite, die kein Problem mit einer höheren Neuverschuldung hätten. Aber in guten Zeiten dürfe man zum Wohle künftiger Generationen keine weiteren Schulden aufbauen.

Stolz verkündet er, dass Deutschland im nächsten Jahr erstmals wieder die im EU-Stabilitätspakt vorgesehene Schuldengrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts unterbieten wird. Auch gegen den Vorwurf, der Bund investiere zu wenig, verwahrt sich Scholz mit dem Hinweis, dass die Länder ab 2020 vom Bund deutlich mehr Umsatzsteuerpunkte bekämen, um mehr ausgeben zu können.

Einer macht er besonders wenig Hoffnung auf mehr Geld: der Verteidigungsministerin. Ursula von der Leyen (CDU) hatte erheblich mehr Mittel gefordert, doch die will er ihr nicht zugestehen. Auch weitere Entlastungen der Steuerzahler mag Scholz über das bisher Bekannte nicht ankündigen.

Da muss erst CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg kommen, dessen Zahlen die große Koalition in ein etwas besseres Licht rücken: Insgesamt, so rechnet Rehberg vor, werde die Koalition die Bürger bis 2021 um knapp 63 Milliarden Euro entlasten, klingt nach einer stolzen Summe.

Ab und an ganz sozialdemokratisch

Hin und wieder blitzt der Sozialdemokrat in Scholz auf. Er wiederholt etwa seine Auffassung, dass der Mindestlohn stärker erhöht werden müsste. „Bei Vollzeitarbeit sollte ein Lohn von mindestens 2000 Euro brutto monatlich möglich sein“, sagt Scholz. Das entspräche bei einer 38,5-Stunden-Woche einem Mindestlohn von knapp 13 Euro, derzeit liegt er bei knapp neun Euro. Doch Scholz ist für den Mindestlohn nicht zuständig, das erledigt eine unabhängige Kommission, in der die Sozialpartner sitzen.

Scholz rückt lieber die Europapolitik ins Zentrum seiner Rede, bleibt aber auch hier eher vage. Der Euro-Rettungsschirm ESM solle zu einem Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt werden, so Scholz. Künftig könne der ESM auch die Letztsicherung von Banken übernehmen, wenn diese vor der Pleite stünden.

Zu wenig sei in Europa in den letzten Jahren über die großen politischen Fragen gesprochen worden, zum Beispiel über den Schutz der EU-Außengrenzen oder die gemeinsame Verteidigung, beklagt er. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe diese Fragen gestellt, die viele Bürger umtrieben. Er selbst aber bleibt Antworten auf diese Fragen vorerst weiter schuldig.

(RP)
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