Reformfähigkeit Ökonomen von links bis rechts für große Koalition

Berlin (RP). Wenn es um die Reformfähigkeit Deutschlands geht, trauen von unserer Zeitung befragte Ökonomen und Wirtschaftsfachleute der SPD offenbar mehr zu als den Grünen. Nur so ist es zu erklären, dass sie eine große Koalition der - ohnehin unwahrscheinlich gewordenen - "Schwampel" aus Union, FDP und Ökopartei vorziehen.

Sparprogramm und Streitpunkte
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"Vor der Wahl war ich dagegen, aber angesichts des Wahlergebnisses plädiere ich für eine große Koalition für etwa zwei Jahre unter der Führung von Angela Merkel", sagte der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Hans-Olaf Henkel, unserer Zeitung. Dann sollte "der Weg für Neuwahlen freigemacht werden", so der frühere Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie.

Für den Präsidenten des Wirtschaftsinstituts DIW, Klaus F. Zimmermann, hat nur "eine große Koalition den breiten Handlungsspielraum, der jetzt benötigt wird, um die von beiden Parteien ja gewünschte Fortsetzung der Reformen einzuleiten". Als Ziele nannte er Haushaltssanierung, Subventionsabbau und Unternehmenssteuersenkung.

Die große Koalition - unter Wirtschaftswissenschaftlern gibt es sie schon. So sagte auch Gustav-Adolf Horn, Chefökonom der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung: "Jetzt ist am ehesten eine große Koalition gefragt, weil die wichtigsten Reformprojekte, also Bildung, Föderalismus und Sozialsysteme, eine breite politische Basis brauchen. Ich sehe nicht, wie eine Dreierkoalition das herbeiführen könnte."

Und der dem linken Lager zugerechnete Bremer Ökonom Rudolf Hickel meint, das Ergebnis erzwinge jetzt eine stärkere soziale Komponente bei allen Reformmaßnahmen. "Ich bin der Meinung, dass eine große Koalition am besten geeignet ist, diese Aufgabe anzupacken. Wir müssen auch dem Ausland signalisieren, dass wir stabile politische Verhältnisse haben."

Ex-BDI-Präsident Henkel richtet seinen Appell gleichermaßen an die Unions-Kanzlerkandidatin und den SPD-Parteichef: "Ich rate Frau Merkel und Herrn Müntefering dringend, sich zu einer großen Koalition zusammenzuraufen und die Reformfähigkeit Deutschlands wiederherzustellen."

Er sieht nicht nur Wirtschaftsaspekte: "Es geht um die Föderalismusreform, die Aufhebung der Blockade von Bundestag und Bundesrat, Zusammenfassung von Wahlterminen und mehr plebiszitäre Elemente zur Begrenzung der Parteienmacht." Henkel fügte hinzu: "Wenn wir das nicht schaffen, geht es mit uns weiter bergab."

(Rheinische Post)
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