NSA-Skandal SPD fordert strengere Regeln für den BND

Berlin · In der BND-Affäre hat Vizekanzler Gabriel den Druck auf Kanzlerin Merkel erhöht: Diese müsse die Geheimlisten mit Selektoren auch gegen den Willen der USA an den Bundestag weitergeben.

 NSA-Skandal: Vizekanzler Gabriel erhöht den Druck auf Kanzlerin Merkel.

NSA-Skandal: Vizekanzler Gabriel erhöht den Druck auf Kanzlerin Merkel.

Foto: dpa, nie fdt

Für die Aufklärung der jüngsten BND-Affäre über Listen mit 40 000 mutmaßlich rechtswidrigen US-Abhörwünschen bleiben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nur noch zwei Tage Zeit. "Die Listen müssen bis Mittwoch dem NSA-Untersuchungsausschuss vorgelegt werden", sagte Grünen-Geheimdienstexperte Konstantin von Notz.

Zuvor hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel den Druck auf den Koalitionspartner immens erhöht und sich den Forderungen der Opposition angeschlossen. Die Bundesregierung müsse hier "Rückgrat" gegenüber den USA zeigen. "Wir sind Freunde und Partner der Amerikaner auf Augenhöhe. Wir sind weder unmündig noch Befehlsempfänger", sagte Gabriel zu der Entscheidung des Kanzleramtes, vor der Übergabe der Listen an das Parlament in einem Konsultationsverfahren erst die USA um Erlaubnis zu fragen.

Auf den Listen sollen auch europäische Firmen, Politiker und Regierungsstellen als Spähobjekte der Amerikaner markiert worden sein, über die der BND durch seine Abhörstation Bad Aibling Satelliten-Kommunikation in Krisengebieten abfangen und dem amerikanischen Geheimdienst NSA liefern sollte. Das Kanzleramt verwies darauf, dass sich Deutschland zur Geheimhaltung verpflichtet habe und deshalb die USA einer Weitergabe an den Untersuchungsausschuss erst zustimmen müssten.

Von Notz verwies indes darauf, dass auch nach Auskunft des Kanzleramtes die aussortierten Suchwörter gegen Wort und Geist des Geheimdienstabkommens verstießen. "Dann kann man sich aber eben nicht gleichzeitig auf dieses Abkommen berufen, wenn es um die Frage der Herausgabe der Liste geht", sagte der Grünen-Politiker. Nach einem Einsatz der Selektoren durch den BND auf deutschem Boden müsse der Bundestag im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle "selbstverständlich" diese Begriffe einsehen können, betonte von Notz. "Wenn Frau Merkel dem Bundestag diese Listen vorenthalten will, die ihr überhaupt erst durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses zur Kenntnis gekommen sind, dann wäre das ein handfester Affront gegenüber dem Parlament. Das müsste gerichtlich umgehend geklärt werden. Außerdem würde es endgültig dokumentieren, dass Frau Merkel nicht im Traum daran denkt, wie versprochen aufzuklären", erklärte von Notz.

Gabriel sprach von einer "Staatsaffäre", wenn es sich bewahrheiten sollte, dass der BND den amerikanischen Diensten beim Ausforschen deutscher Unternehmen geholfen habe. Justizminister Heiko Maas (SPD) kündigte eine umfassende Prüfung an, ob die rechtlichen Grundlagen für die Arbeit des BND ausreichen. "Es darf auch für Geheimdienste keine rechtsfreien Räume geben", sagte Maas. Zuvor war beklagt worden, dass die Einschränkungen für die BND-Tätigkeit im Inland klar definiert sind, für die Arbeit im Ausland aber kaum Regeln existieren. Es spreche vieles dafür, diese Vorgaben "deutlicher" zu formulieren, erklärte Maas. Außerdem sieht er Nachbesserungsbedarf bei der Aufsicht. Die "gesamte Tätigkeit" des BND müsse stärker der demokratischen Kontrolle unterworfen werden.

Den verschärften Kurs Gabriels gegenüber der Kanzlerin scheint SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier skeptisch zu sehen. Öffentlich wollte sich Steinmeier nicht äußern, intern soll er den Vorstoß ungeachtet möglicher US-Reaktionen als wenig durchdacht bezeichnet haben.

Auch in der Frage eines No-Spy-Abkommens steht die Kanzlerin unter wachsendem Druck. Sie und ihre Minister hatten im Wahlkampf 2013 von der US-Bereitschaft zu einem gegenseitigen Spionageverzicht gesprochen und ein baldiges Abkommen angekündigt. Der Mail-Verkehr zwischen Kanzleramt und Weißem Haus, der dem Untersuchungsausschuss zugeleitet wurde, zeigt aber, dass die USA zu keinem Zeitpunkt dazu bereit waren. "Wenn die Kanzlerin nicht für rückhaltlose Aufklärung sorgt, kann diese Affäre ein Ausmaß annehmen wie seinerzeit die Watergate-Affäre in den USA", sagte FDP-Chef Christian Lindner. Über die Abhöraffäre im Watergate-Skandal war der damalige US-Präsident Richard Nixon gestürzt. Lindner empfahl Merkel, einen Sonderermittler einzusetzen.

(may-)
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