Die FDP in der Krise NRW-Chef Lindner lehnt Koalitionsdebatte ab

Berlin · Chaos bei den Liberalen: Die Jugendorganisation der FDP ist enttäuscht von den Altvorderen. Das von ihnen vermittelte Profil sei schwach. Entwicklungsminister Niebel sieht das anders. Und NRW-Chef Lindner lehnt eine Neuausrichtung der Partei ab.

Dirk Niebel - ein Fallschirmjäger als Entwicklungshelfer
13 Bilder

Dirk Niebel - ein Fallschirmjäger als Entwicklungshelfer

13 Bilder

Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Christian Lindner hat reserviert auf den jüngsten Vorstoß seines schleswig-holsteinischen Parteifreundes Wolfgang Kubicki für eine Neuausrichtung der Partei reagiert. "Koalitionsdebatten, die von den wichtigen Sachproblemen ablenken, empfehle ich uns gegenwärtig nicht", sagte Lindner der "Süddeutschen Zeitung".

Sinnvoller erscheine ihm, "dass wir uns im Herbst etwa mit einem marktwirtschaftlichen Neuanfang in der Energiepolitik beschäftigen." Kubicki hatte dem "Stern" gesagt, die FDP solle sich vor der Bundestagswahl 2013 für eine Koalition mit SPD und Grünen öffnen.

"Dramatischer Fehler"

Mit Lindner sei er sich einig, dass die Fixierung der FDP auf die CDU, wie sie von Parteichef Philipp Rösler betrieben werde, ein "dramatischer Fehler" sei, sagte Kubicki. Zugleich erklärte Kubicki, Lindner sei für ihn "der geborene neue Bundesvorsitzende".

Der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, hat derweil die gesamte FDP-Spitzenmannschaft für das mangelhafte Profil der Partei verantwortlich gemacht. "Es ist der Partei- und der Fraktionsführung zu wenig gelungen, liberale Positionen sichtbar zu machen und umzusetzen", sagte das FDP-Vorstandsmitglied der Deutschen Presse-Agentur. Diese gelte für die Bewältigung der Eurokrise, aber vor allem auch für das Ziel, bis 2014 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

"Da bin ich offen gesagt von der gesamten Partei- und Fraktionsführung enttäuscht - und auch von allen Bundesministern. Alle reden vom Sparen, und niemand will in seinem Ressort anfangen", sagte Becker. Eine Personaldebatte über Parteichef Philipp Rösler lehnte er ab. "Jeder in dieser Partei ist es leid, dass man jetzt wieder diese Scheindiskussionen um Personen führen muss."

Kubickis Attacken-Muster

Die Attacken des schleswig-holsteinischen Fraktionschefs Wolfgang Kubicki gegen Rösler und die Bundespartei folgen nach Ansicht des JuLi-Chefs einem Muster: "Man kann im Sommer fast die Uhr danach stellen: Erst kommt Jorgo Chatzimarkakis mit einem Vorstoß und grob zwei Wochen später Wolfgang Kubicki." Parteivorsitzende würden bei der FDP immer noch von Parteitagen gewählt. "Philipp Rösler hatte beim letzten Mal eine sehr deutliche Mehrheit - übrigens deutlicher als Wolfgang Kubicki. Und der nächste Wahlparteitag ist im Mai."

Becker zeigte sich offen für eine Diskussion über sozialliberale Koalitionen oder Ampelbündnisse, warnte aber vor voreiligen Festlegungen. "Die CDU/CSU entwickelt in vielen Fragen immer mehr sozialdemokratische oder sozialistische Positionen. Das sollte man als FDP kritisch sehen", sagte der JuLi-Chef. Die Debatte über Schnittmengen mit anderen Parteien könne man aber nicht im luftleeren Raum führen.

"Das geht erst dann, wenn Wahlprogramme vorliegen und wenn man sehen kann, wer die handelnden Personen sind", betonte Becker. "Mit einer Agenda-SPD à la Schröder und Steinbrück haben Liberale Schnittmengen. Mit einer Linksgruppe um Trittin, Nahles und Gabriel wohl kaum. Da muss man abwarten, was in den Programmen von CDU/CSU und SPD stehen wird."

Niebel mit Zustand der Partei zufrieden

Entwicklungsminister Dirk Niebel bewertet den Zustand der FDP anders. In der Partei entwickele sich derzeit eniges, deswegen sei er "als Entwicklungspolitiker in der FDP genau richtig", sagte Niebel der "Leipziger Volkszeitung".

Er sei mit seinem Politikfeld "2009 in der Kuschelecke gestartet, jetzt erreichen wir mehr und mehr die Mitte der Gesellschaft und gewinnen sie für eine zukunftsorientierte internationale Politik", sagte Niebel. Das gelte für die FDP genauso.

Die Liberalen würden das letzte Jahr dieser Legislatur intensiv nutzen, um ihre zahlreichen Erfolge in dieser Bundesregierung besser für die Menschen sichtbar zu machen, kündigte der FDP-Politiker an. "Damit konzentrieren wir uns auf unsere Stärken - das werden die Menschen bei der Wahl honorieren."

(dpa/apd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort