Nach den Wahlen in Schleswig-Holstein NRW-CDU misstraut Lindner

Düsseldorf · Nach den Wahlen in Kiel befassen sich die Parteien mit neuen Bündniskonstellationen. In Kiel setzt die SPD auf die "Dänen-Ampel". Eine Woche vor der Wahl in NRW wächst bei der CDU die Furcht, dass sich die wiedererstarkte FDP auf eine Ampel mit SPD und Grünen einlässt.

 Oliver Wittke managt als Generalsekretär der NRW-CDU den Wahlkampf.

Oliver Wittke managt als Generalsekretär der NRW-CDU den Wahlkampf.

Foto: dpa, Henning Kaiser

Nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein setzen SPD und Grüne trotz hauchdünner Mehrheit voll auf ein Bündnis mit der Partei der dänischen Minderheit. In der Union wächst eine Woche vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen die Sorge, dass sich die FDP auf eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen einlässt. Angesichts schwindender Chancen für Zweierbündnisse jenseits großer Koalitionen könnte das als starkes Signal für den Bund gewertet werden.

Im Norden hatten die Wähler Schwarz-Gelb am Sonntag abgewählt. Die CDU landete mit 30,8 Prozent (minus 0,7) und einem Abstand von rund 4800 Stimmen knapp vor der SPD mit 30,4 Prozent (plus 5,0). Beide Parteien haben 22 Sitze.

Die FDP feierte mit 8,2 Prozent (minus 6,7) trotz hoher Verluste ein unerwartet starkes Comeback. Sie profitierte von der Popularität ihres Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki. Die Grünen erreichen mit 13,2 Prozent (plus 0,8) ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl im Norden. Die Piraten zogen mit 8,2 Prozent zum dritten Mal in ein Landesparlament ein. Die Linke flog mit 2,2 Prozent (minus 3,8) nach nur zwei Jahren aus dem Landtag. Der SSW erhält 4,6 Prozent (plus 0,3) - für ihn gilt die Fünf-Prozent-Klausel nicht. Die Beteiligung war mit 60,1 Prozent so niedrig wie nie zuvor in dem Bundesland.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte in Berlin, seine Partei werde sich mit Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) - der Partei der dänischen Minderheit - um eine Regierungsbildung bemühen. "Und am Ende werden wir mit Torsten Albig einen neuen Ministerpräsidenten der SPD im Norden haben." Albig betonte angesichts der Mehrheit von nur einer Stimme für ein solches Bündnis: "Wir werden einen Koalitionsvertrag zimmern, der fünf Jahre hält."

Indirekt ließ sich die SPD aber eine Hintertür offen: Eine Koalition mit der FDP sei eine rechnerische Möglichkeit, räumte Gabriel ein. "Wir werden aber zuerst das machen, was wir vor der Wahl versprochen haben, nämlich mit Grünen und dem SSW verhandeln."

Grünen-Chefin Claudia Roth betonte, mit SPD und SSW gebe es "eine Option für einen Machtwechsel, der auch ein Politikwechsel ist". Mit Blick auf die NRW-Wahl sagte sie: "Ich bin voller Hoffnung, dass sich zeigt, dass es Rot-Grün noch gibt, dass Rot-Grün gehen kann."

CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager beanspruchte erneut den Auftrag zur Regierungsbildung für sich - ein Landtagsmandat hatte er indes verfehlt. Die Parteigremien berieten auch in Kiel über das Wahlergebnis.

Die stabilste Mehrheit (44 Sitze) im Norden hätte eine große Koalition von CDU und SPD. Deutlich sicherer als eine "Dänen-Ampel" wäre eine klassische Ampel aus SPD, Grünen und FDP (38 Sitze) sowie ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen (38 Sitze).

CDU und Liberale werteten den Wiedereinzug der bundesweit angeschlagenen FDP in den Kieler Landtag als stabilisierend für die schwarz-gelbe Koalition im Bund. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte mit Blick auf die FDP: "Eine Partei, die nicht ständig sich Sorgen um die Existenz machen muss, ist doch viel ruhiger und kann viel besser arbeiten."

Die NRW-CDU macht Front gegen eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP. CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen sagte: "Es gibt eine klare Alternative: Irgendetwas Rot-Grünes, ob mit der FDP oder mit der Dänen-Ampel in Schleswig-Holstein, oder eine CDU-geführte Regierung."

Der Generalsekretär der Landes-CDU, Oliver Wittke, sagte, falls es für eine rot-grüne Mehrheit in Düsseldorf nicht reiche, werde FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner seine Partei zum "Steigbügelhalter" machen und ein Ampelbündnis mit SPD und Grünen eingehen. Die CDU liegt in NRW nach den jüngsten Umfragen mit 30 bis 31 Prozent klar hinter der SPD.

CSU-Chef Horst Seehofer forderte die CDU auf, mehr auf ihr Profil zu setzen. "Die Union ist gut beraten, wenn sie auf eigene Stärke setzt." Positiv bewertete Seehofer das unerwartet starke Abschneiden der FDP in Kiel: "Ich sage seit Monaten, dass die FDP nicht tot ist, dass sie wieder kommen wird." Dies hänge an starken Persönlichkeiten, in diesem Fall FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle, intern als möglicher künftiger Parteivorsitzender gehandelt, wies Spekulationen über einen Sturz der amtierenden Nummer eins, Philipp Rösler, zurück. "Nichts ist da dran", sagte Brüderle dem SWR zu Berichten über Putschpläne gegen Rösler. Auch nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen werde nichts passieren. Der Erfolg in Schleswig-Holstein gebühre allen in der FDP. Mögliche Ampel-Koalitionen seien allein Sache der Landesverbände.

Auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte, Rösler sei kein Übergangschef, der bald abgelöst werde.

(dpa)
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