Schweigeminute boykottiert NPD sorgt für Eklat im sächsischen Landtag

Dresden (rpo). Eklat im sächsischen Landtag: Während einer Schweigeminute für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft verließen die zwölf Abgeordneten der rechtsextremistischen NPD-Fraktion den Plenarsaal und kehrten erst danach wieder zurück.

Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) hatte zu Beginn der Sitzung an den bevorstehenden 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar und den 60. Jahrestag der Bombardierung von Dresden am 13. Februar erinnert. "Da dies heute unsere letzte Plenarsitzung vor diesen beiden Tagen ist, möchte ich sie alle auffordern und bitten, mit mir in würdiger Weise den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu gedenken", appellierte Iltgen an die Parlamentarier. Daraufhin verließen die NPD-Abgeordneten den Plenarsaal.

Nach Angaben von Landtagssprecher Ivo Klatte kam der Präsident mit seiner Aufforderung zu einer Schweigeminute einem Antrag der NPD-Fraktion zuvor. Diese wollte mit ihrer parlamentarischen Initiative nur an die Opfer der Luftangriffe auf Dresden erinnern, sagte Klatte. Der NPD-Antrag habe sich aber mit dem Handeln des Präsidenten erledigt.

Scharfe Sanktionsdrohungen

Trotz scharfer Sanktionsdrohungen hat die rechtsextremistische NPD im sächsischen Landtag schon wieder Unterstützung aus anderen demokratischen Parteien bekommen. Bei der Wahl zum Landesjugendhilfeausschuss erhielt die NPD-Abgeordnete Gitta Schüßler am Mittwoch in geheimer Abstimmung 17 Ja-Stimmen - fünf mehr als die NPD-Fraktion Mandate hat. Der NPD-Abgeordnete Matthias Paul bekam bei der Wahl zum Stellvertreter mit 15 Ja-Stimmen drei Stimmen mehr als seine Partei Sitze im Dresdner Parlament hat.

Damit hat die erst vor einer Woche vereinbarte Ausschlussandrohung der fünf anderen Landtagsfraktionen keine Wirkung gezeigt. Die Koalitionsparteien CDU und SPD sowie die Oppositionsfraktionen von PDS, FDP und Grünen hatten sich darauf verständigt, bei zweifelsfreier Identifikation diejenigen Abgeordneten auszuschließen, die mit der rechtsextremistischen NPD stimmen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die NPD-Fraktion bei wichtigen Wahlentscheidungen Zulauf aus den demokratischen Landtags-Fraktionen erhalten. Für großes Aufsehen hatte die Wahl von Ministerpräsident Georg Milbradt im November gesorgt, bei der der NPD-Gegenkandidat Uwe Leichsenring 14 Ja-Stimmen erhielt, zwei mehr als seine Fraktion Mandate hat. Ebensoviele Abweichler-Stimmen für die NPD hatte es im Dezember bei der Wahl der Ausländerbeauftragten gegeben.

Bei der Wahl am Mittwoch wurden insgesamt 117 Stimmen abgegeben, von denen 16 ungültig waren. Bei Schüßler stimmten acht Abgeordnete mit Nein, 76 enthielten sich. Bei Paul votierten neun Parlamentarier mit Nein und 77 enthielten sich. Zuvor waren die Rechtsextremisten mit einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Klärung der Vorwürfe gegen die Sachsen-LB gescheitert. In offener Abstimmung hatten nur alle 12 NPD-Abgeordneten dafür gestimmt; 109 Parlamentarier stimmen dagegen.

CDU und FDP reagierten zunächst verhalten. Der CDU-Abgeordnete Uwe Albrecht sagte, das Wahlergebnis sei zwar "großer Mist" und bringe Unruhe. Man dürfe aber nicht vergessen, dass die NPD einen Rechtsanspruch auf einen Sitz in diesem Gremium habe. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Holger Zastrow betonte, der Umgang mit der NPD sei schwierig. Wegen des Anspruches der Rechtsextremisten auf einen Ausschusssitz habe es eine Vereinbarung mit den anderen Fraktionen gegeben, sich zu enthalten.

PDS: Erschütterndes Wahlergebnis

Der parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, Andre Hahn, nannte das Wahlergebnis bedrückend und erschütternd. "Einige Leute haben den Ernst der Lage noch nicht begriffen", sagte er. Diese Form von "Heckenschützerei" sei nicht nachvollziehbar. Der parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Grüne, Karl-Heinz Gerstenberg, erklärte, offensichtlich wollten einige Abgeordnete, dass Nazis in der Jugendarbeit seien.

NPD-Fraktionschef Holger Apfel erklärte dagegen, mit dem Ergebnis sei die gemeinsame Erklärung "der selbst ernannten Demokraten" in Frage gestellt. Er hoffe im Interesse des Ansehens des Landtages, dass es nun nicht zur Jagd auf die fünf Abgeordneten komme.

(ap)
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