Gas-Pipeline aus Russland Nord Stream 1 wird für Wartung abgeschaltet – doch wird sie auch wieder aktiviert?

Lubmin/Berlin · Die zuletzt wichtigste Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland wird am Montagmorgen abgeschaltet. Dann finden Wartungsarbeiten statt. Doch es gibt Zweifel daran, ob danach wieder Gas fließen wird.

 Rohrsysteme von Nord Stream 1 in Lubmin an der Ostsee (Archiv).

Rohrsysteme von Nord Stream 1 in Lubmin an der Ostsee (Archiv).

Foto: dpa/Jens Büttner

Grund für die Abschaltung sind jährlich wiederkehrende Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1, die der Betreiber bereits vor längerer Zeit angekündigt hatte. Unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat akute Bedenken geäußert, dass Russland den Gashahn auch nach Abschluss der Wartung nicht mehr aufdrehen könnte. Wie die Betreibergesellschaft Nord Stream AG mitteilte, sollen die Arbeiten bis zum 21. Juli dauern. In dieser Zeit werde kein Gas nach Deutschland befördert.

Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte im Juni bereits die Liefermenge durch die mehr als 1200 Kilometer lange Pipeline von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern deutlich gedrosselt – und das auch mit dem Fehlen einer Turbine von Siemens Energy begründet, die wegen der Sanktionen nach abgeschlossener Wartung nicht mehr aus Montréal nach Russland geliefert werden konnte. Derzeit wird die Leitung laut Bundesnetzagentur nur zu etwa 40 Prozent ausgelastet.

Kanada hat inzwischen aber angekündigt, die Lieferung der gewarteten Turbine aus Montréal trotz der Sanktionen gegen Russland zu ermöglichen. Dazu werde Kanada „eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Erlaubnis“ an Siemens Canada geben, sagte der für Bodenschätze zuständige Minister Jonathan Wilkinson am Samstag. Die Turbine soll aus Kanada erst nach Deutschland und anschließend nach Russland geliefert werden.

Die Bundesregierung begrüßt das. „Wir begrüßen die Entscheidung unserer kanadischen Freunde und Verbündeten“, teilte ein Sprecher der Regierung am Sonntag mit. Das Bundeswirtschaftsministerium würdigte einen „guten und konstruktiven Austausch mit der kanadischen Regierung“.

Der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, verwies dabei darauf, dass die deutsche Wirtschaft ohne eine ausreichende Versorgung mit Erdgas „sehr große Schwierigkeiten“ haben werde. Die deutschen Haushalte liefen zudem „Gefahr, dass sie ihre Häuser im bevorstehenden Winter nicht heizen können.“

Auch russische Gaslieferungen über andere Leitungen nach Deutschland waren zuletzt zurückgegangen. Gleichzeitig erhalten mehrere europäische Staaten bereits kein Gas mehr aus Russland. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine Ende Februar gilt die Versorgung Europas mit Gas aus Russland als gefährdet.

Angesetzt wurde die Dauer der Abschaltung von Nord Stream 1 vom Betreiber auf zehn Tage. Die Rede ist von einer Überprüfung und gegebenenfalls Instandsetzung oder Kalibrierung etwa der Stromversorgung, des Brand- und Gasschutzes sowie bestimmter Ventile. Auch Software-Updates würden vorgenommen. Die Offshore-Pipelines blieben weiter unter Druck. Entsprechende Arbeiten hätten in den vergangenen Jahren zwischen 10 und 14 Tagen gedauert. Sie wichen dabei aber auch teilweise von der angesetzten Frist ab.

Laut Bundesnetzagentur finden die Arbeiten nicht direkt an der Leitung, sondern an den Verdichterstationen statt, etwa in Lubmin. In Modellrechnungen geht die Behörde von bis zu 14 Tagen aus, hat dabei allerdings schon einen zeitlichen Puffer eingerechnet. Die Arbeiten sollten unter normalen Umständen aber im geplanten Zeitraum fertiggestellt werden können. Eine dauerhafte Abschaltung könnte laut Modellen der Behörde unter Umständen zu einem Gasmangel in Deutschland im Winter führen.

(hebu/dpa/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort