No-Spy-Abkommen SPD wirft Kanzleramt Täuschung vor

Berlin · Als 2013 das Ausmaß der NSA-Affäre bekannt wurde, war die Aufregung groß. Kurz vor der Bundestagswahl verkündete der Kanzleramtsminister, die USA hätten ein "No-Spy-Abkommen" angeboten. Nun zeichnen Dokumente ein völlig anderes Bild.

Wer hört wen ab - und was man dagegen tun kann
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Foto: dpa, Jens Büttner

SPD, Grüne und Linke werfen dem Kanzleramt vor, die Öffentlichkeit in der NSA-Affäre getäuscht zu haben. Der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla habe 2013 aus wahlkampftaktischen Gründen eindeutig die Unwahrheit über die Verhandlungen zu einem sogenannten No-Spy-Abkommen mit den USA gesagt, sagte der stellvertretende SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Auch die Kanzlerin hat in jeder Wahlkampfrede behauptet, deutsches Recht würde durch die Amerikaner nicht verletzt." Das habe der Verhandlungsstand offenbar in keiner Weise hergegeben.

Recherchen der "Süddeutschen Zeitung", des WDR und des NDR haben Dokumente zutage befördert, aus denen hervorgeht, dass es offenbar nie eine feste Zusage der Amerikaner für ein Abkommen zum Verzicht auf gegenseitige Spionage ("No-Spy-Abkommen") gegeben hat. Trotzdem hatte der CDU-Politiker Pofalla wenige Wochen vor der Bundestagswahl 2013 gesagt: "Die US-Seite hat uns den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten."

So späht die NSA PCs ohne Internetzugang aus
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Foto: dpa, Jim Lo Scalzo

Das einzige positive Signal aus den USA gab es den Berichten zufolge Anfang August 2013. Damals soll der Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper gesagt haben, er könne sich vorstellen, dass sich der US-Geheimdienst NSA bei seinen Aktivitäten in Deutschland an deutsches Recht halten könne. Darüber entscheiden könne aber nicht er, sondern nur das Weiße Haus. Dieses soll dem Kanzleramt aber signalisiert haben, dass für ein Abkommen keine Chance besteht.

SPD, Grüne und Linke reagierten empört. "Entweder die Bundesregierung litt 2013 unter akutem Realitätsverlust oder die Beteiligten sollten schnellstmöglich erklären, wie dieser Fehltritt passieren konnte", sagte Schäfer-Gümbel. Eine solche Täuschung der Öffentlichkeit müsse Thema im NSA-Untersuchungsausschuss werden. "Das damalige Verhalten von Kanzlerin (Angela) Merkel und ihrem Amtschef schafft nicht gerade Vertrauen in die Aufklärungsbereitschaft in der aktuellen BND-Affäre."

Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen
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Foto: dpa, sja fdt

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, verlangte umgehend Aufklärung. "Ich will wissen, warum die Union wider besseres Wissen die Öffentlichkeit über ein angebliches No-Spy-Abkommen mit den USA getäuscht hat", sagte sie am Samstag in Berlin.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), zeigte sich überzeugt, dass Pofalla seine Strategie damals mit Merkel abgesprochen habe. "Schon im Sommer 2013 war klar, dass das No-Spy-Abkommen nur die Beruhigungspille vor der Bundestagswahl sein sollte", sagte Hahn dem "Tagesspiegel am Sonntag".

(dpa)
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