Ärger um türkischen Wahlkampf in Deutschland Auch Frechen sagt türkischem Minister ab

Leverkusen · Ein für Sonntag geplanter Auftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci in Frechen findet nicht statt. Zuvor war ihm bereits ein Auftritt in Köln-Porz untersagt worden. Weiterhin geplant ist jedoch ein Auftritt in Leverkusen.

 Der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci bei einer Pressekonferenz in Den Haag (Archivfoto).

Der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci bei einer Pressekonferenz in Den Haag (Archivfoto).

Foto: dpa, alexander bm tba

Der heftig umstrittene Wahlkampfauftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci am Sonntag in Frechen bei Köln findet nicht statt. Der Betreiber habe den Veranstalter informiert, dass er ihm die Halle nicht zur Verfügung stellen werde, teilte die Polizei am Freitag mit. Der Vertrag zwischen dem Eigentümer der Eventhalle und deren Betreiber schließe nach der Polizei vorliegenden Informationen politische Veranstaltungen aus.

Weiterhin geplant ist jedoch ein Auftritt in einem Leverkusener Kulturzentrum bei einem Gedenkkonzert für einen verstorbenen türkischen Sänger. Am Freitagvormittag informierte die Stadt Leverkusen darüber, dass sie die Veranstaltung nicht verbieten werde. "Die Veranstaltung wird stattfinden, wir werden sie nicht absagen", sagte eine Sprecherin. "Anders als in Köln gibt es für Leverkusen einen rechtsgültig geschlossenen Mietvertrag." Die Stadt habe somit keine rechtliche Handhabe, den Auftritt des Ministers zu stoppen.

Stadt Leverkusen: "Die Veranstaltung wird stattfinden"

Gebucht wurde das Leverkusener "Forum" laut der Stadt bereits am 23. Februar. Im dem Mietvertrag beiliegenden Ablaufplan sei der Auftritt des Ministers ausdrücklich erwähnt, dort sei von einem "Grußwort" die Rede. Der geplante Auftritt war demnach schon im Vorfeld bekannt. Die Stadt habe diesbezüglich Kontakt mit der Polizei aufgenommen, die keine Gefährdungslage sah. Am Freitagmorgen stimmte sich die Leverkusener Stadtspitze um Oberbürgermeister Uwe Richrath erneut mit der Polizei ab, die ihre Einschätzung noch einmal bestätigte. Die Stadt Leverkusen hat die Veranstalter indes "deutlich" darauf hingewiesen, dass der angekündigte "kulturelle Charakter" der Veranstaltung erkennbar bleiben solle.

Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) verteidigt den Entschluss, die "Kulturveranstaltung" mit Ministerbesuch nicht zu untersagen. "Es gibt keine Grundlage für eine Absage, wir leben schließlich in einem Rechtsstaat". Auch seien bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Gegendemos angemeldet worden. Richrath betont, dass er jederzeit bereit sei, die Veranstaltung im Forum abbrechen zu lassen, wenn eine veränderte Sicherheitslage das erfordere.

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Veranstalter: "Wir haben mit Politik nichts zu tun"

Ali Inceören, Vorsitzender des Vereins "Denizli in Europa", der die Veranstaltung in Leverkusen organisiert, versteht die Aufregung nicht: "Wir sind nur an Kultur interessiert und haben mit Politik nichts zu tun." Bei der Veranstaltung gehe es allein um das Gedenken des verstorbenen Sängers Özay Gönlüm, sagt Inceören, der einen Autopflegebetrieb unterhält. Der Sänger und Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci stammten beide aus der türkischen Stadt Denizli.

So spricht Inceören von einem "Zufall" und ist "sehr überrascht", dass der Besuch des Ministers in Leverkusen nun in den politischen Zusammenhang mit Erdogans Kampagne für die türkische Präsidialverfassung gesetzt werde.

Schwierige Verkehrssituation in Leverkusen

Der Veranstaltungsraum im Leverkusener Forum bietet rund 1000 Sitzplätze und eine große Bühne. Unter dem Veranstaltungshaus befindet sich eine Tiefgarage. Sie wird gerne von Kunden, die in die Stadtmitte Leverkusen-Wiesdorf wollen, genutzt. Am kommenden Sonntag wird in der Innenstadt ein besonders großer Andrang erwartet, weil die Geschäfte geöffnet haben. Mit großen Staus ist zu rechnen.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Landesbetrieb Straßen.NRW Fahrbahnsanierungen auf der Autobahn 3 zwischen Leverkusen-Zentrum und Kreuz Leverkusen durchführen will. Deshalb bleibt die Auffahrt Leverkusen-Zentrum in Richtung Oberhausen gesperrt.

Die Stadt Köln hatte sich geweigert, der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) einen Saal im Bezirksrathaus Porz für eine Veranstaltung mit Zeybekci zu vermieten. Die UETD habe im August 2016 den Saal für eine Theaterveranstaltung angefragt, hatte eine Stadtsprecherin am Donnerstag gesagt. Daraufhin habe man monatelang nichts mehr gehört.

Erst am Mittwoch habe es erneut eine Anfrage gegeben. Bei der sei erstmalig zur Sprache gekommen, dass es sich um einen Informationsabend mit "derart prominenter Besetzung" handeln solle. Die UETD steht der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nahe.

Auch die Stadt Gaggenau hatte am Donnerstag eine Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag wegen Sicherheitsbedenken gestoppt. Am Freitag war das Rathaus der Stadt wegen einer Bombendrohung geräumt worden.

Minister: "Wenn nötig von Haus zu Haus ziehen"

Nihat Zeybekci würde in Deutschland notfalls auch "von Haus zu Haus" ziehen, sollten ihm Wahlkampfauftritte vor Türken verwehrt werden. "Es scheint, sie annullieren dort unsere Treffen, unsere Versammlungen", sagte Zeybekci am Freitag im westtürkischen Izmir laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

"Ich werde am Sonntag wieder nach Deutschland reisen. Ich werde die mir befohlene Reise antreten, und wir sagen, der Sieg ist Allahs.
Wenn wir sehen, dass sie uns wieder keine Erlaubnis geben, gehe ich von Kaffeehaus zu Kaffeehaus, von Haus zu Haus und treffe unsere Bürger trotzdem", sagte der Minister.

(afp/dpa/sef/bu/US/das)
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