Reaktion auf Niedersachsen Merkel erwartet schwierige Sondierungsgespräche

Berlin · Angela Merkel sieht die CDU durch die Wahlniederlage in Niedersachsen nicht für die Sondierungsgespräche im Bund geschwächt. Lobende Worte findet die Bundeskanzlerin für Österreichs Wahlsieger Kurz.

 Angela Merkel äußerte sich am Montag zu den Wahlergebnissen in Niedersachsen und Österreich.

Angela Merkel äußerte sich am Montag zu den Wahlergebnissen in Niedersachsen und Österreich.

Foto: dpa, bvj sab

Zwar richtet sich Angela Merkel auf schwierige Sondierungen für eine Jamaika-Koalition ein, wie die Kanzlerin am Montag in Berlin sagte. Doch "in diese Sondierungsgespräche gehe ich sehr selbstbewusst mit meinen Freunden von CDU und CSU". Die Union nehme die Gespräche mit FDP und Grünen in dieser Woche in dem Selbstverständnis als stärkste Kraft auf, werde aber fair verhandeln. "Uns ist klar, dass das nicht einfache Gespräche werden", sagte die Kanzlerin. "Aber wir nehmen diese Herausforderung an." Merkel rechnet damit, dass die Sondierungsgespräche mehrere Wochen dauerten.

Die CDU werde die ihr wichtigen Positionen einbringen, wisse aber auch um die Verantwortung, dass das Land eine gute Regierung brauche. "Wir fangen jetzt nicht mit irgendwelchen roten Linien an", sagte Merkel. Als wichtige Themen nannte sie unter anderem nachhaltige soziale Sicherungssysteme, Wirtschaft und Arbeit auch in Zusammenhang mit der Digitalisierung, ländliche Räume und bezahlbare Wohnungen in Großstädten, Familien sowie die Innere Sicherheit. Maßgabe sei, dass die neue Regierung einen "Gestaltungsauftrag" erfüllen solle.

Auch bei der FDP erwartet man vom Ergebnis der Niedersachsen-Wahl keine negativen Auswirkungen auf die bevorstehenden Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition im Bund. Bei Bund und Land handele es sich um unterschiedliche politische Ebenen, sagte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer am Montag in Berlin. Aber "man kann schon fragen, ob das Zuwarten geholfen hat", fügte sie mit Blick auf die seit der Bundestagswahl vergangenen drei Wochen hinzu.

 Angela Merkel überreicht Blumen an Bernd Althusmann, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen.

Angela Merkel überreicht Blumen an Bernd Althusmann, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen.

Foto: dpa, mkx sab

Drei Wochen nach ihrer historischen Niederlage bei der Bundestagswahl haben die Sozialdemokraten die Landtagswahl in Niedersachsen überraschend mit 36,9 Prozent der Stimmen klar gewonnen. Die CDU sackte auf 33,6 Prozent ab und rutschte damit auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 1959 ab.

Lobende Worte hatte Merkel hingegen für den österreichischen Wahlsieger Sebastian Kurz übrig. Die Bundeskanzlerin lobte den modernen Wahlkampf und die energische Modernisierung seiner Partei. Die konservative Österreichische Volkspartei (ÖVP) sei nach vielen Jahren wieder zur stärksten Kraft im Land geworden, was vor allem ihrem Spitzenkandidaten Kurz zu verdanken sei.

Die von Kurz geführte konservative ÖVP hatte sich bei den Parlamentswahlen am Vortag zwar klar durchgesetzt, kann aber nicht allein regieren. Als Bündnispartner kommen für sie die sozialdemokratische SPÖ oder die erstarkte rechtspopulistische FPÖ infrage

Der Wahlausgang sei aber kein Anzeichen dafür, "dass man die Probleme schon gelöst hat, wenn man es so macht wie in Österreich", sagte Merkel. "Ich finde die politische Zusammensetzung jetzt nicht so, dass ich sie mir für Deutschland als nachahmenswert vorstelle", sagte sie mit Blick auf die rechtspopulistische FPÖ, die nach derzeitigem Auszählungsstand drittstärkste Kraft knapp hinter der SPÖ geworden war. Im Vergleich zur Stärke der FPÖ sei die Herausforderung durch die AfD in Deutschland "überschaubar".

Die Regierungsbildung in Wien müsse nun abgewartet werden. Eine Präferenz, etwa für eine Koalition aus ÖVP und sozialdemokratischer SPÖ, nannte Merkel nicht. Sie hoffe jedenfalls darauf, dass es mit der neuen Regierung eine gute Zusammenarbeit auf europäischer Ebene geben werde.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer sagte am Montag, die CDU brauche nach dem Wahlerfolg der ÖVP keine neue Debatte über ihre Ausrichtung. "Diese Ansicht, bürgerlich-konservativ oder Mitte-Rechts, findet sich im gemeinsamen Regierungsprogramm wieder. Man muss nur es viel viel stärker zum Ausdruck bringen", sagte Seehofer am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Im Wahlprogramm der Union "steht ausdrücklich drin, christlich, liberal, konservativ, das muss stärker auch ins Bewusstsein der Bevölkerung gebracht werden".

Seehofer betonte: "Wir müssen jetzt nicht alles neu erfinden. Was wir nach Monaten der Debatte vereinbart haben, muss kommuniziert werden und gemacht werden. Für die Bevölkerung sind nicht das wichtigste Papiere, sondern die Bevölkerung erwartet einfach, dass das gemacht wird. Das wissen alle Beteiligte."

Mit Blick auf die von Noch-Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) losgetretene Debatte über einen muslimischen Feiertag in Deutschland sagte Seehofer, dass dies weder in seinem Sinne sei noch der mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verabredeten Linie entspreche. Leider würden oftmals die Dinge, die von politischen Spitzen als feste Vorhaben vereinbart würden, nicht sofort beachtet.

(ate/dpa/afp)
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