Verfassungsrichter Neues NPD-Verbotsverfahren ist "durchführbar"

Hamburg (rpo). Die Politiker sind sich hinsichtlich eines neuen Parteienverbotsverfahren gegen die NPD uneins. Nach Ansicht des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, sei ein solches Verfahren aber nach wie vor "durchführbar". Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält ein Verbot der rechtsextremen NPD zudem weiter für möglich. Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD, nennt diese Aussagen einen "Knaller". Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) bleibt hingegen skeptisch.

Wie Politiker gegen die NPD vorgehen wollen
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Allerdings müssten die Antragsteller dafür sorgen, dass kurz vor und während eines Verbotsverfahrens mögliche Mitarbeiter des Verfassungsschutzes aus den Führungsgremien der Partei abgezogen oder zumindest abgeschaltet würden, sagte Hassemer dem "Spiegel" vorab in seiner neuesten Ausgabe. Es gehe dabei nicht um ein "Entweder-Oder" von Beobachtung durch den Verfassungsschutz und ein Verfahren vor dem Gericht in Karlsruhe, sondern um ein "abgestimmtes Nacheinander".

Dem Vorwurf, die Einstellung des Verbotsverfahrens vor zwei Jahren habe der Partei genutzt, entgegnete Hassemer: "Wir haben der NPD keinen Persilschein ausgestellt." Der damalige Beschluss habe "nichts mit einer tatsächlichen Verfassungswidrigkeit dieser Partei" zu tun gehabt. Die Karlsruher Richter hatten 2003 das Verbotsverfahren gegen die NPD eingestellt, weil mehrere Zeugen für den Verfassungsschutz arbeiteten.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält ein Verbot der rechtsextremen NPD weiter für möglich. Das Verfassungsgericht habe in dem NPD-Verbotsverfahren im März 2003 keine Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Partei getroffen, schrieb Papier in einem Gastbeitrag der "Bild am Sonntag".

Damals habe das Gericht in einer "auch im Senat nicht unumstrittenen Entscheidung" ein rechtsstaatliches Verfahren als nicht gewährleistet gesehen, da sich der Verbotsantrag zum Teil auf Äußerungen von V-Leuten gestützt habe. "Die Einstellung des damaligen Verbotsverfahrens stellt jedoch keine Vorentscheidung über künftige Verbotsanträge dar." Dies gelte es in Erinnerung zu rufen, schrieb Papier angesichts der aktuellen Diskussionen über die NPD.

Würfelspitz: "Knaller aus Karlsruhe"/Beckstein skeptisch

Nach dem Vorstoß aus dem Bundesverfassungsgericht schließt der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, ein erneutes NPD-Verbotsverfahren nicht mehr aus. "Wir werden in den kommenden Wochen noch einmal sorgfältigst prüfen, ob wir in Sachen NPD-Verbot zu einer anderen Würdigung als bislang kommen", sagte Wiefelspütz der "Netzeitung" (Samstagsausgabe). Zuvor hatten der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, und sein Stellvertreter Winfried Hassemer darauf hingewiesen, dass sie solch ein Verfahren für möglich und durchführbar halten.

Wiefelspütz sagte, dies sei ein "richtiger Knaller aus Karlsruhe". Es sei außerordentlich ungewöhnlich, dass sich Verfassungsrichter in eine aktuelle Diskussion einbrächten, die das Verfassungsgericht vor zwei Jahren zentral beschäftigt habe. Die Politik könne diese Hinweise nicht in den Papierkorb werfen. "Selbstverständlich haben solche Stimmen ein hohes Gewicht."

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hält einen erneuten NPD-Verbotsantrag dagegen derzeit "nicht für sinnvoll". Die Hürden für ein solches Verfahren seien vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in dem im Jahr 2003 gescheiterten ersten Verfahren sehr hoch gelegt worden, sagte Beckstein am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. So habe das Gericht als Voraussetzung für ein Verbot eine massive, kämpferische Haltung gegen die Verfassung benannt. "Es ist im Moment sehr schwierig, diese Gewaltbereitschaft nachzuweisen." Außerdem seien die Möglichkeiten der Auswertung von Beobachtungen der NPD durch V-Leute durch die Karlsruher Richter massiv eingeschränkt worden.

Müller: NPD von staatlicher Parteienfinanzierung ausschließen

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller will die rechtsextremistische NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung ausschließen. "Trotz des gescheiterten Verbotsverfahrens ist unstreitig, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag" nach einer Vorabveröffentlichung vom Samstag.

"Wir sollten prüfen, ob es rechtlich möglich ist, dass verfassungsfeindliche Parteien keine staatliche Finanzierung erhalten. Dann könnte die NPD von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden."

(afp)
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