Interview mit Bärbel Höhn Neues Klima - neue Früchte

Berlin (RP). Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn sagt über die Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft: Die Bauern müssen robustere Sorten anpflanzen, die extreme Wetterphänomene aushalten.

Klimawandel konkret
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Hat die lange Trockenperiode den Bauern die Ernte bereits verdorben?

Höhn Das ist in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. Im Osten gibt es schon große Probleme, insbesondere auf den Brandenburger Sandböden. Dort wurde das Wintergetreide an vielen Stellen schon untergepflügt. Durch längere Wärmezeiten kann es aber auch umgekehrt zu Ertragssteigerungen kommen, zum Beispiel in Norddeutschland. Davon könnte auch Nordrhein-Westfalen profitieren.

Für welche Feldfrüchte gilt das?

Höhn Auch das ist von Region zu Region verschieden. Grundsätzlich können die Erträge wachsen, wenn die Bauern eine längere Bewirtschaftungsphase haben. Die Landwirtschaftsverbände und auch die Ministerien haben sich bisher zu wenig auf diese Klimaveränderung eingestellt. Bestimmte Phänomene finden ja nun schon über mehrere Jahre statt.

Was müssen die Landwirte konkret tun?

Höhn Die Landwirtschaftsministerien, die Bauernverbände und die Klimaforscher müssten sich an einen Tisch setzen. Es gibt ein paar einfache Schrauben, an denen sich drehen lässt. Man kann eine Verbesserung über die Verschiebung des Aussaattermins erreichen. Die Auswahl der Sorten ist wichtig. Bei Trockenheit ist es sinnvoll, robustere Sorten anzupflanzen. Auch durch die Anpassung der Fruchtfolge oder neue Pflanzarten lassen sich Fortschritte erreichen.

Im Rheinland gibt es das besondere Problem des Hagelschlags. Können sich die Bauern darauf überhaupt einstellen?

Höhn Aus meiner Sicht ist es sinnvoller, den Schaden zu begrenzen, als darauf zu setzen, dass in Schadensfällen der Staat einspringt oder die Landwirte in neue Versicherungen einzahlen. Vielmehr muss man an die Ursachen ran und den Schadensfällen vorbeugen. Bei den Obstbauern im Rheinland habe ich als Landwirtschaftsministerin in NRW beispielsweise Förderprogramme zur Anschaffung von Hagelnetzen aufgelegt.

Sind die angekündigten Preiserhöhungen aufgrund der Wetterlage in diesem Frühjahr gerechtfertigt?

Höhn Insbesondere viele Gemüsesorten sind von der Trockenheit in diesem Frühjahr nicht betroffen. Bei den Erdbeeren kann es aber schon zu Verteuerungen kommen. Die Verbraucher sollten genau hinschauen, dass sie nicht in eine Preisfalle hineinlaufen. Unbestreitbar aber ist, dass es beim Wintergetreide in vielen Regionen starke Ausfälle gibt. Das wird sich auch in den Preisen niederschlagen.

Besteht die Gefahr, dass die deutschen Bauern ihre Ware zu erhöhten Preisen nicht los werden, weil Importe günstiger sind?

Höhn Obst und Gemüse, das hierzulande gereift ist, wie Erdbeeren und Spargel, haben einfach einen besseren Geschmack, als wenn die Produkte in dunklen LKW über Tausende von Kilometern transportiert werden. Da besteht die Gefahr eher nicht. Die Nachfrage nach regionalen Produkten steigt.

Ist die Trockenperiode, wie wir sie im April erlebt haben, schon der Klimawandel oder ein Ausreißer?

Höhn Ein trockener April kann auch ohne Klimawandel mal vorkommen. Aber das Phänomen von Trockenheit taucht in den letzten Jahren gehäuft auf. Unabhängig davon, ob dahinter der Klimawandel oder ein anderer Trend stecken, müssen wir uns darauf einstellen. Die Klimaforscher sagen auf jeden Fall bestimmte Phänomene voraus. Sie hatten sowohl die Trockenheit für den Osten wie auch die Zunahme von Unwettern prognostiziert.

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