Unveröffentlichtes Gutachten Aktiensteuer von Scholz trifft kaum Kleinanleger

Berlin · Gegen die von Finanzminister Olaf Scholz geplante Finanztransaktionssteuer wird oft ins Feld geführt, sie werde vor allem Kleinanleger belasten. Doch das stimmt nicht, heißt es in einem noch unveröffentlichten Gutachten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft.

Kämpft um die Aktiensteuer: Finanzminister Olaf Scholz (SPD).

Kämpft um die Aktiensteuer: Finanzminister Olaf Scholz (SPD).

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die von Finanzminister Scholz geplante Aktiensteuer treffe entgegen einer verbreiteten Auffassung kaum Kleinanleger und Privathaushaushalte, sondern vor allem große professionelle Investoren wie US-Pensionsfonds. Zu diesem Ergebnis kommt das Gutachten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) im Auftrag von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der die Pläne von Scholz unterstützt. „Ein Großteil des Steueraufkommens in Deutschland würde von professionellen Investoren aus dem Ausland geleistet, etwa von privaten US-Fonds oder von Staatsfonds, da diese die meisten Dax-Aktien halten und handeln“, heißt es in dem Gutachten. „Privathaushalte im Inland würden nur einen geringen Anteil des Steueraufkommens zahlen.“

 Scholz plant, Aktienkäufe künftig mit einem Steuersatz von 0,2 Prozent zu belegen. Die Steuer soll auf Aktien großer Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über einer Milliarde Euro beschränkt bleiben und in zehn EU-Ländern eingeführt werden. Dafür braucht Scholz allerdings die Unterstützung von mindestens neun Ländern. Sollte diese Zahl nicht zusammen kommen, plant Scholz eine nationale Steuer, die allerdings wird von der Union abgelehnt.

 Das Kieler Gutachten stützt die Pläne. „Insgesamt kann die Einführung einer EU-Finanztransaktionssteuer zu einem so geringen Steuersatz positiv bewertet werden“, so das Institut. Eine solche Steuer sei eine „international und historisch bewährte Steuer“. Der deutsch-französische Vorschlag biete „die Chance, erstmals ein zentralisiertes und europaweit harmonisiertes, elektronisches Besteuerungssystem für Finanztransaktionen zu etablieren“.

 Die Pläne hätten allerdings auch Schwächen. Die größte sei, dass Derivate – etwa Optionsscheine oder Swaps – von der Besteuerung ausgenommen seien. Auf sie entfielen aber 80 Prozent aller Finanztransaktionen. Für die Ausnahme gebe es keine überzeugenden ökonomischen Argumente, so das Institut. Es empfiehlt, die Steuer „von Anfang an auch auf Derivate und Anleihen zu erheben, sowie auf den außerbörslichen Handel“.

 Das Gutachten kommt damit zu einem völlig anderen Ergebnis als eine Expertise des wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums, die dem „Handelsblatt“ vorliegt. In dieser Studie empfehlen namhafte Ökonomen dem Minister, seine Pläne fallen zu lassen, weil die Steuer „nicht sinnvoll“ sei. Ihr Hauptargument: Die Anleger würden der Steuer auf andere Handelsplätze ausweichen.

Scholz erwartet aus der Aktiensteuer jährliche Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro. Sie sollen zur Gegenfinanzierung eines Teils der Kosten der Grundrente eingesetzt werden.

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