Neuer Außenminister Deutschland darf sich laut Maas "nicht wegducken"

Berlin · Vor Hunderten Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes hat Sigmar Gabriel sein Amt an Heiko Maas übergeben. Gabriel geht mit einem Appell zu mehr außenpolitischem Selbstbewusstsein. Für den neuen Außenminister Maas steht ebenfalls fest: Deutschland muss mehr Verantwortung in der Welt übernehmen.

Der bisherige Außenminister Sigmar Gabriel (l) übergibt seine Amtsgeschäfte an Heiko Maas (beide SPD).

Der bisherige Außenminister Sigmar Gabriel (l) übergibt seine Amtsgeschäfte an Heiko Maas (beide SPD).

Foto: dpa, pgr

Gabriel forderte in seiner Abschiedsrede am Mittwoch im Auswärtigen Amt in Berlin, Europa müsse seine Interessen deutlicher definieren und durchsetzen. Europa dürfe sich nicht wohlfühlen mit dem Zitieren eigener Werte angesichts der Herausforderungen und Turbulenzen in der internationalen Politik, sagte der SPD-Politiker.

Die USA hätten lange als verlässlichster Partner des Westens gegolten, das sei nicht mehr so. Vielleicht seien die ersten Monate von US-Präsident Donald Trump noch die einfachsten gewesen. Trump könnte das eigentliche Schwungrad erst richtig in Gang gesetzt haben, sagte Gabriel. Die 14 Monate als Außenminister habe er sehr genossen. Die Erkenntnisse und Erfahrungen könnten einem Demut verleihen auch angesichts der Begrenztheit der Möglichkeiten, sagte Gabriel.

Antrittsrede gegen das Wegducken

In seiner Antrittsrede betonte der neue Außenminister Maas (SPD) die wachsende Verantwortung Deutschlands in der Welt. Zwar brauche niemand eine deutsche Außenpolitik, die sich selbst überschätzt. "Aber ebenso falsch, und in dieser Weltlage womöglich noch gefährlicher, ist eine Außenpolitik, die sich wegduckt."

Mit seinen ersten Reisen will Maas in diesem Sinne ein Zeichen setzen. Gleich nach der Amtsübergabe brach er zu einem Kurzbesuch nach Paris auf. Eine Reise in die polnische Hauptstadt Warschau ist noch in dieser Woche geplant. Es gehe ein Riss durch die Welt "zwischen denen, die für Weltoffenheit und Toleranz eintreten und jenen, die Abschottung und Rückkehr zum Nationalismus predigen", sagte Maas. Dieser Riss gebe die Linie vor für die deutsche Außenpolitik.

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Foto: dpa/Michael Kappeler

Gegenüber Russland kündigte er einen harten Kurs an. Russlands völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die andauernde Aggression gegen die Ukraine könne man nicht hinnehmen, sagte Maas. Die Ukraine-Krise bleibe ein Test der Entschlossenheit und Geschlossenheit der Europäischen Union.

"Besorgt" über Anschlag auf Ex-Spion Skripal

Er sei über die Vorgänge des Nervengift-Anschlags auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien überaus besorgt, sagte Maas. Man nehme die Einschätzung der britischen Regierung sehr ernst. London macht Moskau für den Anschlag verantwortlich.

Einen besonderen Schwerpunkt will Maas auf die Verbesserung des zuletzt sehr angespannten deutsch-israelischen Verhältnisses legen. Er kündigte eine Israel-Reise anlässlich des 70. Jubiläums der Staatsgründung an. "Für mich liegt in dieser deutsch-israelischen Geschichte nicht nur eine historische Verantwortung, sondern auch für mich ganz persönlich eine tiefe Motivation meines politischen Handelns", sagte er. Er sei nicht aus Respekt für Willy Brandt, wegen der Friedensbewegung oder der ökologischen Frage in die Politik gegangen. "Ich bin wegen Auschwitz in die Politik gegangen", sagte Maas.

Anfang vergangenen Jahres hatte Kanzlerin Angela Merkel die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen abgesagt. Offiziell wurden Terminschwierigkeiten als Begründung genannt. Die Absage erfolgte aber vor allem aus Verärgerung über die israelische Siedlungspolitik in den palästinensischen Gebieten. Spätestens seitdem gelten die Beziehungen als angespannt.

Maas betonte, "wie groß, teilweise übergroß" die Erwartungen an Deutschland seien. "Es ist gut, dass die Phase der Unsicherheit und der parteipolitischen Nabelschau vorbei ist. Zu lange haben wir uns in Berlin in den letzten Monaten mit uns selber beschäftigt", sagte er.

Maas stellte auch die deutsche Bewerbung um einen Sitz im UN-Sicherheitsrat ab Januar für zwei Jahre heraus. Die Entscheidung dazu wird im Frühjahr erwartet.

(oko)
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