Neue Sitzordnung im Bundestag Union rückt an die Seite der AfD

Berlin · Die Abgeordneten von CDU und CSU hatten sich zuvor vehement gegen diese Reform gewehrt. Die FDP-Fraktion, die bisher zwischen AfD und Union saß, rückt an die Seite der Grünen und damit mehr in die Mitte.

 Die Parlamentarier stimmen im Plenum im Bundestag über die Sitzordnung ab.

Die Parlamentarier stimmen im Plenum im Bundestag über die Sitzordnung ab.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Nur eine Woche nach dem Amtsantritt wirbelt die Ampel-Koalition den Bundestag durcheinander: Nach mehr als 70 Jahren haben SPD, Grüne und FDP dem Plenarsaal eine neue Sitzordnung verpasst. Die FDP-Fraktion, die bisher zwischen der AfD und der Union saß, rückt mit dem Parlamentsbeschluss vom Donnerstag an die Seite der Grünen und damit in die Mitte des Plenums. Gleichzeitig sitzen die Abgeordneten von CDU und CSU dadurch in Zukunft direkt neben der AfD-Fraktion - was bei der Union für erheblichen Unmut sorgt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Thorsten Frei (CDU), nannte das Vorgehen der Ampel einen „Ausdruck von Respektlosigkeit“. Er warf der Koalition vor, sie wolle seine Fraktion „an den Rand des Plenums drücken“. Die Abgeordneten von CDU und CSU krönten Freis Auftritt in der lebhaften Debatte demonstrativ mit einem lang anhaltendem Schlussapplaus.

Sein FDP-Amtskollege Johannes Vogel bezeichnete die Platzierung der Freidemokraten hingegen als Anomalie im politischen Links-Rechts-Schema der bisherigen Sitzordnung: „Wir sind eine Kraft der politischen Mitte, und deshalb gehören wir auch in die Mitte des Plenums.“

Schon 1949 wurde die FDP im Bonner Plenarsaal rechts von der CDU/CSU-Fraktion platziert. Bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein gab es in der FDP nämlich eine starke nationalliberale Strömung, während in Teilen der Union damals noch über einen christlichen Sozialismus debattiert wurde. Doch der Wunsch der FDP nach einem Platztausch mit der Union wurde spätestens in der vergangenen Legislaturperiode ein großes Thema - vor allem wegen der Nachbarschaft zu den ungeliebten Parlamentsneulingen von der AfD.

„Jeder normale Abgeordnete möchte nicht neben Ihnen sitzen“, sagte Jan Korte von der Linken an die Adresse der AfD. Seine Fraktion unterstützte den von SPD, Grünen und FDP initiierten Platztausch. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic gab sich salomonisch: Der Wunsch der FDP nach einer Änderung sei „mindestens genauso nachvollziehbar“ wie der Wunsch der Union nach dem Festhalten am Status quo.

Doch geprägt war die Debatte von wechselseitigen Schuldzuweisungen: Sowohl Koalition als auch Opposition betonten, dass es derzeit eigentlich wichtigere Themen gebe. Genau damit begründeten die Ampel-Parteien, dass sie die Änderung der Sitzordnung ursprünglich ohne Debatte durch den Bundestag bringen wollten. Die Union hingegen bestand auf einer Plenardebatte, bezeichnete aber die ganze Reform als überflüssigen „Nebenschauplatz“.

Von vorweihnachtlichem Frieden konnte in der letzten Sitzungswoche des Jahres jedenfalls keine Rede sein, denn auch in der AfD grummelt ist. Nachdem ihr Kandidat für den Posten des Bundestagsvizepräsidenten - wie üblich - wiederholt keine Mehrheit fand, fielen nun auch ihre Kandidaten für die Vorsitze der Bundestagsausschüsse für Inneres, Gesundheit und Entwicklung durch.

Bei der Abstimmung über die Sitzordnung enthielt sich die AfD. Ihr Abgeordneter Stephan Brandner sagte zwar, er wolle nicht mehr neben der „grün-links-devoten Postengrapscher-Truppe“ und den „blasierten Typen von der FDP“ sitzen, gab sich letztlich aber großzügig: „Uns ist sowieso wurscht, wer neben uns sitzt.“

(mcv/dpa)
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