„Kein großer Wurf“ Deutliche Kritik im Bundesrat an Corona-Notbremse

Berlin · Die vorgesehenen bundesweiten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sind heute Thema im Bundesrat – und werden dort deutlich kritisiert. Laut dem niedersächsischen Regierungschef Stephan Weil etwa seien die geplanten Änderungen „kein großer Wurf“.

 Parlamentarier nehmen an einer Sondersitzung des Bundesrates Teil. Die Länderkammer berät über die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes.

Parlamentarier nehmen an einer Sondersitzung des Bundesrates Teil. Die Länderkammer berät über die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Im Bundesrat ist deutliche Kritik an der vom Bundestag beschlossenen Corona-Notbremse mit verbindlichen Regeln für Maßnahmen in ganz Deutschland deutlich geworden. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier bezeichnete vorgesehene starre Ausgangsbeschränkungen als „verfassungsrechtlich problematisch“. Es gebe neben rechtlichen Bedenken auch erhebliche praktische Probleme bei der Umsetzung, etwa bei den vorgesehenen Schulschließungen, warnte der CDU-Politiker am Donnerstag in einer Sondersitzung der Länderkammer.

Der niedersächsische Regierungschef Stephan Weil (SPD) sagte, die Neuregelungen seien für den Infektionsschutz „kein großer Wurf“. Bei Ausgangsbeschränkungen sei die Verfassungsmöglichkeit fraglich, er sei „sehr gespannt“ auf die Rechtsprechung. Für Niedersachsen bedeutete das Gesetz sogar erhebliche Lockerungsmöglichkeiten. Weil fasste seine Bewertung so zusammen: „Für mein Land unnötig, aber ich füge hinzu auch unschädlich.“ Er kritisierte zugleich, dass die Bund-Länder-Beratungen teils problematisch gelaufen und „nicht in jedem Fall gut für das Ansehen des Föderalismus“ gewesen seien.

Bouffier bedauerte es, „dass der Bundestag die Chance hat verstreichen lassen, viele Erfahrungen der Länder, die wir aus einem Jahr praktischen Krisenmanagement gesammelt haben, mehr und intensiver aufzunehmen“. Das hätte die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich erhöhen können. Bouffier betonte zugleich: „Es geht nicht um die Frage, dass wir handeln. Es geht um die Frage, wie wir handeln.“

Gezogen werden soll die Notbremse, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei Tagen hintereinander über 100 liegt. Dann dürfen Menschen ab 22.00 Uhr die eigene Wohnung in der Regel nicht mehr verlassen. Spaziergänge und Joggen alleine sind bis Mitternacht erlaubt. Es darf sich höchstens noch ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, wobei Kinder bis 14 Jahre ausgenommen sind. Läden dürfen nur noch für Kunden öffnen, die einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Präsenzunterricht an Schulen soll ab einer Inzidenz von 165 meist gestoppt werden.

Das vom Bundestag am Mittwoch beschlossene Gesetz ist ein Einspruchsgesetz. Das heißt, eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht nötig. Die Länderkammer könnte aber den Vermittlungsausschuss anrufen und das Gesetz damit zeitlich aufhalten.

(bora/dpa)
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