Neue Corona-Maßnahmen Ab Herbst wieder Maskenpflicht möglich
Berlin · Die Corona-Lage sei besser als im vergangenen Herbst, sagt Gesundheitsminister Lauterbach. Trotzdem müsse man sich wieder besser schützen. Das soll vor allem mit Masken passieren – was nicht alle zufriedenstellt. Ein Überblick über die Pläne der Bundesregierung.
Mehr Eigenverantwortung und Spielraum für Verschärfungen: In diesem Herbst und Winter soll die Maskenpflicht ein Kerninstrument im Kampf gegen die Corona-Pandemie sein. Das sieht ein Entwurf vor, den das Gesundheits- und Justizministerium am Mittwoch vorgestellt haben. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen, was die Ressortchefs Karl Lauterbach (SPD) und Marco Buschmann (FDP) im Einzelnen planen.
Was soll bundeseinheitlich gelten?
Die Maskenpflicht im Luftverkehr sowie im öffentlichen Personenfernverkehr, also vor allem Fernzügen, wird beibehalten. Für den Zutritt zu Krankenhäusern, Pflegeheimen oder vergleichbaren Einrichtungen soll zudem eine Testnachweispflicht gelten. Von der Testpflicht können aber insbesondere Menschen, die innerhalb der zurückliegenden drei Monate vollständig geimpft wurden oder genesen sind, ausgenommen werden.
In Restaurants sowie bei Kultur- und Sportveranstaltungen soll es zudem Ausnahmen der Maskenpflicht für getestete, frisch geimpfte (mindestens drei Impfungen) und frisch genesene Menschen geben. Im Restaurant bringe die Maske nicht viel, weil man sie am Tisch und beim Essen ohnehin abnehmen dürfe, sagte Lauterbach. Deshalb setze man auf den Nachweis einer maximal drei Monate alten Impfung oder eines aktuellen Tests. Buschmann sagte, er rechne damit, dass etwa Fitnessstudios oder Kinos dann komplett auf Tests umstellten, weil sie das Maskentragen schlecht kontrollieren könnten.
Welche Möglichkeiten bekommen die Länder?
Die Länder können mit Blick auf die ab Herbst erwartete neue Infektionswelle weitergehende Vorschriften festlegen, um das Gesundheitswesen oder andere Bereiche der kritischen Infrastruktur zu schützen. Dies sind insbesondere eine Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr sowie generell in öffentlich zugänglichen Innenräumen.
Stellt ein Landesparlament eine konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens oder der sonstigen kritischen Infrastruktur fest, können Maskenpflichten auch in Außenbereichen angeordnet werden, wenn dort ein Mindestabstand von 1,5 Meter nicht eingehalten werden kann. Dann entfallen auch die Ausnahmen für Geimpfte, Genesene und Getestete.
Angeordnet werden können dann zudem verpflichtende Hygienekonzepte mit weiteren Auflagen zum Beispiel zur Lüftung oder zum Vermeiden unnötiger Kontakte. Auch kann generell ein Mindestabstand von 1,5 Meter vorgeschrieben werden. Nicht vorgesehen sind jedoch auch bei einer solchen verschärften Lage Lockdowns oder Geschäftsschließungen.
Was bedeutet das für Schulen?
Für Schulen kann eine Maskenpflicht ab der fünften Klasse gelten, wenn die Maskenpflicht zur Aufrechterhaltung eines geregelten Präsenzunterrichts erforderlich ist. Schulschließungen dürfe es nicht geben, sagte Buschmann.
Ab wann sollen die Maßnahmen gelten?
Die neuen Regeln sollen vom 1. Oktober 2022 bis 7. April 2023 gelten. Die bisherigen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz, die eigentlich schon am 23. September auslaufen, werden deshalb zunächst für wenige Tage bis Anfang Oktober verlängert.
Wie läuft das weitere Verfahren?
Zunächst wird sich jetzt das Bundeskabinett damit befassen, eine Verabschiedung durch den Bundestag ist für Anfang September geplant. Die Länder könnten dann im Bundesrat am 16. September grünes Licht geben.
Was sagen die Ärzteverbände?
Von Ärzten kommen unterschiedliche Reaktionen. Die Kassenärzte begrüßten den Entscheidungsspielraum der Länder und die Beschränkung bundeseinheitlicher Schutzmaßnahmen auf vulnerable Gruppen. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, sagte, richtig sei außerdem die „Abkehr von der sinnfreien Massentestung“ zugunsten medizinisch sinnvoller Tests bei besonders gefährdeten Gruppen.
Die Hausärzte übten Kritik. Verbandschef Ulrich Weigeldt sagte auf Anfrage: „Eine Lehre der Vergangenheit ist, dass zu kleinteilige Maßnahmen, die sich darüber hinaus noch im Wochenrhytmus ändern, häufig zu Verwirrung und Unklarheiten führen.“ Wo immer möglich, sollten die Regeln daher so einfach wie möglich gehalten werden. „Wenn bei der Maskenpflicht beispielsweise danach differenziert werden soll, ob die letzte Impfung drei oder vier Monate zurückliegt, dann frage ich mich, wie das im Alltag funktionieren soll. Dass solche Regelungen nicht zur Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen werden, ist offensichtlich. Im Zweifel muss man auch nicht alles gesetzlich haarklein regeln“, sagte Weigeldt. Es sei nicht nachvollziehbar, weswegen ein vollständiger Impfstatus nach drei Monaten anscheinend an Wert verlieren solle. „Diese Differenzierung nach vollständig Geimpften erster und zweiter Klasse sollte noch einmal überdacht werden“, sagte Weigeldt. Er mahnte an, die bestehenden Impflücken bei der Erst-, Zweit- und Drittimpfung zu schließen und die Viertimpfung für besonders Gefährdete Menschen voranzutreiben. „Das muss Priorität haben“, sagte der Hausärzte-Chef.
Bei den Kinder- und Jugendärzten gab es geteiltes Echo. „Ich begrüße die Einigung zum Infektionsschutzgesetz, wonach es keine Schulschließungen mehr geben darf“, sagte Verbandschef Thomas Fischbach. „Wir Kinder- und Jugendärzte erwarten von den Ländern, dass sie sich dem anschließen und Schulen auch bei hohen Infektionszahlen geöffnet bleiben.“ Eine Maskenpflicht ab der fünften Klasse sei eine Verbesserung, weil Grundschüler außen vor blieben. „Grundschüler sollten aber generell von der Maskenpflicht befreit werden, insbesondere auch bei kulturellen Aktivitäten oder Sport. Wir wünschen uns auch, dass eine Maskenpflicht im Unterricht bei älteren Kindern nicht angeordnet werden kann“, sagte Fischbach. „Junge Menschen haben ein nur sehr geringes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf und müssen damit wieder Einschränkungen hinnehmen, um ungeimpfte Erwachsene zu schützen.“