Nach Landtagswahlen CDU, SPD und FDP in Sachsen-Anhalt einigen sich auf Koalition

Magdeburg · Die Spitzen von CDU, SPD und FDP in Sachsen-Anhalt haben sich auf den Entwurf eines Koalitionsvertrags geeinigt. Das teilten die Parteichefs am Montag mit.

 Der amtierende Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), geht zum Eingang eines Bürogebäudes.

Der amtierende Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), geht zum Eingang eines Bürogebäudes.

Foto: dpa/Peter Gercke

Gut zwei Monate nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt haben sich CDU, SPD und FDP geeinigt: Der Entwurf für ihren Koalitionsvertrag steht. „Wir wollen die Deutschlandkoalition hier für Sachsen-Anhalt ins Leben rufen“, sagte CDU-Landeschef Sven Schulze am späten Montagnachmittag. Erneut schickt sich das Land an, Geschichte zu schreiben: Dort, wo bisher Deutschlands erste schwarz-rot-grüne Koalition regierte, entsteht ein neues seltenes Bündnis. Erstmals nach 62 Jahren könnten in Deutschland wieder CDU, SPD und FDP zusammen regieren. Ebenfalls ungewöhnlich: Konservative und Sozialdemokraten koalieren mit der FDP, obwohl auch die frühere große Koalition gemeinsam eine - wenn auch dünne - Mehrheit hätte.

Voraussetzung für das neue Dreierbündnis ist, dass der knapp 150 Seiten umfassende Entwurf, den die Parteispitzen ausgehandelt haben, von der jeweiligen Basis angenommen wird. Bei CDU und SPD müssen die Mitglieder entscheiden, bei der FDP ein Parteitag. Stimmen alle zu, könnte die neue Koalition den amtierenden Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) am 16. September im Landtag in Magdeburg erneut zum Ministerpräsidenten wählen.

Die Billigung des Vertrages ist allerdings vor allem bei den Sozialdemokraten alles andere als sicher: Schon während der Verhandlungen hatten Genossinnen und Genossen sich skeptisch gezeigt, ob sich das neue Bündnis für die SPD lohnen würde. Zwar konnte sich die SPD mit ihrer Kernforderung, einem Mindestlohn für öffentliche Auftrage, durchsetzen. Der soll nun allerdings nur für größere Aufträge gelten - bei der Durchsetzung muss sich die Partei zudem auf die CDU verlassen, die das Wirtschaftsressort von der SPD übernehmen wird. Die Sozialdemokraten verantworten weiterhin die Bereiche Arbeit, Soziales und Gesundheit. Außerdem übernehmen sie die Themen Umwelt und Energie, die an ein Wissenschaftsministerium angegliedert werden sollen.

„Wir haben schweren Herzens Abschied genommen von der Zuständigkeit für den Bereich Wirtschaft“, sagte SPD-Landeschef Andreas Schmidt. Die Mitglieder würden bei der Lektüre des Vertragsentwurfs aber feststellen, dass man viele andere Anliegen der Partei, die schon seit 2006 an der Seite der CDU in Sachsen-Anhalt regiert und dabei mehr als die Hälfte ihrer Stimmanteile verlor, im Vertragstext untergebracht habe, ergänzte Co-Chefin Juliane Kleemann. CDU und SPD hatten um den auf Landesebene prestigeträchtigen Bereich Wirtschaft hart gerungen. Auch um den Vergabe-Mindestlohn gab es bis zuletzt Diskussionen.

Die Liberalen, so schien es, sahen den Streitigkeiten der finalen Phase eher zu. Früh hatten sie sich mit einem erweiterten Verkehrsministerium mit dem politisch lukrativen Bereich Digitalisierung auf einen Zuständigkeitsbereich konzentriert, in dem sie viele ihrer Ziele umsetzen können, ohne den Koalitionspartnern dabei deren anvisierten Disziplinen streitig zu machen. Dass sie ihr vermeintliches Kernressort Wirtschaft von vornherein den anderen überließ, die sich dann darum fetzten, zeugt von einem gewissen Pragmatismus der FDP, die es nach 15 Jahren Opposition und 10 Jahren außerhalb des Landtags kaum erwarten kann, zu regieren.

Die CDU hatte die Landtagswahl am 6. Juni unerwartet deutlich mit 37,12 Prozent der Stimmen gewonnen. Die SPD fuhr mit nur noch 8,41 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte in Sachsen-Anhalt ein. Die FDP schaffte mit 6,42 Prozent den Wiedereinzug in den Landtag - und empfahl sich damit als potenzieller Partner. Die bislang mitregierenden Grünen kamen auf 5,94 Prozent. Die AfD erreichte 20,82 Prozent Platz zwei, blieb damit hinter dem eigenen Ziel, stärkste Partei im Land zu werden. Die Linke erreichte 10,99 Prozent.

(ahar/dpa/afp)
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