Gäste wurden von drei AfD-Abgeordneten eingeladen Scharfe Kritik an AfD nach Vorfällen im Bundestag

Berlin · Im Bundestag sollen fremde Personen die Abgeordneten vor der Abstimmung zum Infektionsschutzgesetz bedrängt haben. Der AfD wird vorgeworfen, die Störer eingeladen zu haben. Politiker der anderen Parteien übten scharfe Kritik an der AfD.

Die Bundestagsabgeordneten bei der Abstimmung zum Infektionsschutzgesetz am Mittwoch.

Die Bundestagsabgeordneten bei der Abstimmung zum Infektionsschutzgesetz am Mittwoch.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Scharfe Kritik an der AfD nach der Bedrängung von Bundestagsabgeordneten durch mutmaßliche Gäste: Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Partei vor, "der Steigbügelhalter für Demokratiezerstörer" zu sein. "Wer Störer in den Bundestag lässt, damit demokratisch gewählte Abgeordnete bedrängt und eingeschüchtert werden sollen, greift unsere parlamentarische Demokratie an", sagte Göring-Eckardt den RND-Zeitungen. Noch am Donnerstag soll sich der Ältestenrat des Bundestags mit den Vorfällen befassen.

Während der Debatte und Abstimmung über das geänderte Infektionsschutzgesetz am Mittwoch wurden mehrere Abgeordnete auf den Gängen des Bundestags von Gegnern der Corona-Maßnahmen bedrängt und gefilmt. Die Störer waren nach Behördenerkenntnissen von drei AfD-Bundestagsabgeordneten eingeladen worden. Einem Sicherheitsbericht zufolge waren dies neben Udo Hemmelgarn, der sich bereits dazu bekannt hat, die Parlamentarier Petr Bystron und Hansjörg Müller.

Insgesamt kamen auf ihrer Einladung demnach vier Besucher als Gäste in die Bundestagsgebäude, von denen einige auch in Büroräume eindrangen. Sie filmten trotz des Protestes der Beschäftigten das Demonstrationsgeschehen außerhalb des Gebäudes und übertrugen es per Livestream. Da alle Bundestags-Besucher an diesem Tag mit Namen, Vornamen und Geburtsdatum angemeldet werden mussten, sind sie klar den sie einladenden Abgeordneten zuzuordnen.

Der FDP-Parlamentarier Konstantin Kuhle schrieb auf Twitter: "Die AfD hat Personen ins Reichstagsgebäude eingeschleust, die Abgeordnete bedrängen und ihnen die Handykamera ins Gesicht halten." Er empfinde "solche Versuche der Beeinflussung des Abstimmungsverhaltens als absolut unerhört".

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin", es sei richtig, dass sich nun der Ältestenrat des Bundestags mit den Vorfällen befasse. Von der AfD sei er aber kein anderes Verhalten gewohnt, sagte Brinkhaus.

Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte dem Nachrichtenportal "The Pioneer", "Abgeordnete zu bedrängen und an der freien Ausübung ihres Mandats zu behindern, untergräbt das Fundament unserer Demokratie." Deshalb werde die Union im Ältestenrat umfassende Aufklärung verlangen.

Grosse-Brömer sagte, es müsse geklärt werden, "wie und gegebenenfalls mit wessen Hilfe diese Personen" in den Bundestag gelangt seien. "Wir gehen davon aus, dass die Bundestagsverwaltung alle Verstöße gegen die Hausordnung prüft und wo nötig ahndet."

Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion sagte dem Portal, die Vorfälle würden ein Nachspiel haben. "Es wäre ein unerhörter Skandal, wenn Abgeordnete gezielt Personen einschleusen, die andere Abgeordnete belagern, belästigen oder Druck auf sie ausüben", so Buschmann weiter. "Wer so handelt, zeigt, dass er gegen den Parlamentarismus arbeitet."

Auch die Linkspartei hat die Ereignisse in den Gebäuden des Bundestags am Mittwoch verurteilt. „Abgeordnete dürfen nicht in ihrer Entscheidung bedrängt werden“, sagte die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) am Donnerstag im Deutschlandfunk. Das sei mindestens eine Ordnungswidrigkeit, wenn nicht sogar eine Straftat.

Die Vorsitzenden der AfD-Fraktion haben ihr Bedauern über das unangemessene Verhalten der Gäste ausgedrückt. „Am Mittwoch haben sich mehrere Gäste, die über zwei Büros von AfD-Abgeordneten angemeldet worden sind, zeitweise unbegleitet im Bundestag aufgehalten“, stellten Alice Weidel und Alexander Gauland am Donnerstag fest. Dabei sei Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) „in aufdringlicher Art und Weise gefilmt“ worden. „Wir bedauern das inakzeptable Verhalten“, teilten die Fraktionschefs mit.

Die AfD-Fraktion habe zu keinem Zeitpunkt „Gäste mit dem Ziel in den Bundestag eingeladen, den parlamentarischen Ablauf zu stören oder Abgeordnete an der Ausübung ihres Mandates zu behindern“, stellten die beiden weiter fest.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will offenbar nicht juristisch dagegen vorgehen, dass er am Rande derBundestagsdebatte beleidigt wurde. Er plane nicht, Strafanzeige zu stellen, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Der Minister selbst antwortete am Donnerstag auf eine entsprechende Frage, dass Fragen „im Hinblick auf das Hausrecht des Bundestages, im Hinblick auf die Freiheit der Abgeordneten, sich innerhalb des Reichstagsbereichs zu bewegen und ihre Arbeit zu tun“, zurecht dort besprochen würden, wo sie hingehören: „nämlich im Ältestenrat des Deutschen Bundestages“.

(lha/sed/AFP/dpa)
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