Islam-Dialog hat versagt Muslime kein "vorübergehendes Phänomen"

Boston (rpo). Alle hätten bisher so getan, als seien Muslime in der Bundesrepublik "ein vorübergehendes Phänomen". Das sagte der FDP-Politiker Mehmet Daimagüler. Der Liberale wirft Politik und islamischen Verbänden vor, beim Islam-Dialog in Deutschland versagt zu haben. "Eine Integration fand entgegen allen Beteuerungen nicht statt."

Den Vorwurf des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU), dass die "Multikulti-Illusion der Grünen am Ende" sei, wollte das Mitglied des FDP-Bundesvorstandes so nicht stehen lassen. Bislang sei die Debatte über eine multikulturelle Gesellschaft "zumeist leeres Gerede" gewesen, der auf der anderen Seite eine "konservative Abschottungspolitik" gegenüber gestanden habe.

Deshalb sei es gut, dass endlich ein Dialog anfange, der auch die islamischen Verbände dazu bringe, über einen Islam europäischer Prägung nachzudenken, sagte Daimagüler. Er betonte: "Es kann doch nicht sein, dass Frauen in der Westtürkei moderner leben dürfen als Frauen in Kreuzberg." Nur ein "europäischer Islam" könne die theologischen Wurzeln, die im Koran lägen, mit dem Wertevorstellungen einer westlichen Demokratie verbinden. Wer einzig den Koran als Richtschnur seines Handelns betrachte, könne "keine Heimat in unserer Gesellschaft" finden. "Dies darf auch nicht von einem falsch verstandenen Toleranzgedanken verwässert werden."

Scharfe Kritik richtete Daimagüler an die offiziellen islamischen Verbände in der Bundesrepublik. Der Zentralrat der Muslime vertrete keineswegs die Interessen der gut drei Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland. Vielmehr folge das Gremium schon durch seine Wahl, die allein durch die Mitgliedsmoscheen erfolge, einer orthodoxen Islamausrichtung. "Ich fühle mich vom Zentralrat nicht vertreten", betonte Daimagüler, der sich als Westfale türkischer Herkunft islamischen Glaubens versteht.

(afp)
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