Steuerstreit in der Union Müntefering: "Die Union hat keine Linie"

Berlin (RPO). Kurz vor dem Parteitag der CDU wird der Steuerstreit der Union wieder intensiver: Führende Unions-Politiker fordern Beitragssenkunden. Dies aber lehnen andere ab. SPD-Chef Müntefering wirft CDU und CSU Zerstrittenheit vor.

Müntefering feiert sein Comeback
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SPD-Chef Franz Müntefering hat CDU und CSU Beliebigkeit und Zerstrittenheit in der Steuer- und Wirtschaftspolitik vorgeworfen. "Die Union hat keine Linie, sondern fordert alles" sagte Müntefering vor dem am Sonntag in Stuttgart beginnenden CDU-Parteitag der "Bild am Sonntag". "Im Moment duckt sich die CDU taktisch und orientierungslos weg".

In der Union herrsche Beliebigkeit, sagte er mit Blick auf deren internen Streit über den richtigen Zeitpunkt von Steuersenkungen. "CDU und CSU sind keine Union mehr, sondern zänkische Schwestern." Zugleich übte Müntefering scharfe Kritik an Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und dessen Ruf nach Steuersenkungen

Der SPD-Vorsitzende wandte sich gegen generelle Steuersenkungen, weil sie nicht zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitragen würden. Zudem hätten 24 Millionen Haushalte, die wegen geringer Einkommen gar keine Steuern zahlten, überhaupt nichts von einer Steuerreform.

Steuerschecks für Bürger hält Müntefering dagegen für erwägenswert: "Die Idee ist nicht unklug. Denn der Vorschlag kann auf die untere Einkommensgruppe zielen, also auf diejenigen, die zusätzliches Geld am ehesten ausgeben. Wir müssen im Auge behalten, ob so ein Instrument sinnvoll werden könnte", sagte er. "Die generelle Idee von gezielten Gutscheinen als Anreiz für die, die keine Steuern zahlen, ist interessant."

Zuvor hatte sich bereits Wirtschaftsminister Michael Glos für Steuersenkungen ausgesprochen - genauer: für eine Senkung der Einkommensteuer um 25 Milliarden Euro. Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" arbeitet Glos derzeit an einem Vorschlag, um das Steuersystem in dieser Hinsicht neu zu gestalten. Das Konzept des Ministers ziele vor allem auf Normalverdiener, berichtet das Magazin. Der Grundfreibetrag soll zwar nur geringfügig um 336 auf 8000 Euro steigen. Die Steuersätze liegen danach aber zum Teil deutlich niedriger.

Ebenfalls sprach sich der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) für baldige Steuersenkungen aus. Auch solle die volle Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer wieder eingeführt werden, forderte er in der "Süddeutschen Zeitung" von Samstag. In der derzeitigen Lage sei Wachstumsförderung wichtiger als Haushaltskonsolidierung.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan hingegen schlug die entgegengesetzte Richtung ein: Sie stellte sich in Interviews demonstrativ hinter Kanzlerin Angela Merkel. Wie die Parteichefin stellte auch sie eine große Einkommensteuerreform für den Fall eines Wahlsiegs 2009 in Aussicht.

Steuersenkungen im nächsten Jahr seien "nicht realistisch", sagte Schavan im Gespräch mit unserer Redaktion. Jetzt stünden Innovationen und Investitionen im Vordergrund. "Wir dürfen jetzt nicht in Aktionismus verfallen", sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Sie erwartete, dass bereits die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge und das Konjunkturpaket Wirkung zeigten. Nach der Bundestagswahl werde die Union eine große Einkommensteuerreform auf den Weg bringen, sagte Schavan weiter: "Mit der SPD ist das leider nicht machbar."

(ap)
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