Ausbrüche in Aachen Müller-Piepenkötter im Kreuzverhör

(RP). Heute muss NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses erklären, ob Missstände in der JVA Aachen die Flucht der Schwerverbrecher begünstigt haben.

Aachener Schwerverbrecher - Stationen der Flucht
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Aachener Schwerverbrecher - Stationen der Flucht

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Foto: ddp

Am Donnerstag war sie nicht bereit, am Rande der Plenarsitzung des Landtags kritische Fragen zum Ausbruch der Schwerververbrecher Peter Paul Michalski und Michael Heckhoff zu beantworten. Heute muss sich NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses verantworten. Gerät die CDU-Politikerin in Bedrängnis? Die Opposition im Landtag hat diverse Ungereimtheiten ausgemacht. Ralf Jäger, Vize-Fraktionschef der SPD, ist sich sicher: "Die Ministerin hat die Öffentlichkeit getäuscht."

Ist der JVA-Bedienstete, der den Verbrechern beim Ausbruch die Türen geöffnet haben soll, bereits in der Vergangenheit auffällig gewesen?

Die Ministerin hatte erklärt, das "hochkriminelle Verhalten" sei "unvorstellbar" gewesen. Jetzt bestätigte der Aachener Oberstaatsanwalt Robert Deller, dass der Bedienstete kein unbeschriebenes Blatt war. Gegen ihn wurde bereits im Zusammenhang mit einem Ausbruch ermittelt, nachdem unter seiner Aufsicht ein Sexualverbrecher beim Ausgang entwischen konnte. Das Verfahren wurde eingestellt. Die JVA-Leitung soll den intensiven Kontakt des mutmaßlichen Fluchthelfers mit den Schwerverbrechern schon vor dem Ausbruch beargwöhnt haben.

Sind weitere Bedienstete in die Flucht verstrickt?

Michalski benötigt starke Medikamente. Wurde er vor dem Ausbruch mit einem Arzneidepot versorgt? Die Frau des mutmaßlichen Fluchthelfers soll in der Krankenstation der JVA arbeiten.

Hat die Personalknappheit in der JVA die Flucht indirekt begünstigt?

Die Ministerin weist diesen Zusammenhang mit Nachdruck zurück. Aus JVA-Kreisen heißt es jedoch, wegen des hohen Krankenstandes habe ein Notdienstplan gegolten. Der habe vorgesehen, dass die Pforte nur mit einem Bediensteten — dem mutmaßlichen Fluchthelfer — statt mit zwei Angestellten besetzt war. Wäre ein weiterer JVA-Mitarbeiter eingeteilt gewesen, hätte die Flucht nicht gelingen können.

Wie beweiskräftig sind die Videoaufnahmen von der Flucht?

Die Ministerin hatte erklärt, sie habe die Videoaufnahmen von der Flucht aus der JVA persönlich gesichtet und gesehen und dabei den Bediensteten sowie die beiden Ausbrecher gesehen. Oberstaatsanwalt Deller sagt hingegen, Michalski und Heckhoff seien auf dem Band nicht zu erkennen.

Hätte die Ministerin die Missstände in der JVA Aachen abstellen können?

Die Vorwürfe des Personalrats waren ihr persönlich bekannt. Die Personalvertretung hatte in einem Brandbrief vom 27. August 2009 beklagt, wegen des hohen Krankenstandes sei die "Sicherheit der Anstalt nicht mehr gewährleistet". Die Problematik sei "in Angriff genommen worden", ließ die Ministerin antworten. Der Krankenstand bei den Bediensteten soll aktuell auf 20 Prozent angestiegen sein.

Muss die Ministerin die politische Verantwortung übernehmen?

Wenn in der Vergangenheit skandalöse Zustände aus den Gefängnissen an die Öffentlichkeit drangen, wechselte Müller-Piepenkötter in schweren Fällen die JVA-Leiter aus. "Die Ministerin versucht auch diesmal, durch vorschnelle Schuldzuweisungen von ihrer Verantwortung abzulenken", sagt Monika Düker, Innen-Expertin der Grünen. "Das werden wir nicht durchgehen lassen."

(RP)
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