Interview mit Saarlands Ministerpräsident Müller: "Pflichtdienst für junge Leute"

Düsseldorf (RP). Peter Müller (CDU), Ministerpräsident des Saarlands, über Wehrpflicht, Dienst für den Staat, den jungen Minister zu Guttenberg und das Adoptionsrecht für Homosexuelle, das er ablehnt.

Zeitenwende im Saarland 2009: Jamaika-Koalition
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Hat die Wehrpflicht für die CDU wirklich einen so hohen Symbolwert, oder ist das nicht eine Lebenslüge Ihrer Partei?

Müller Die Wehrpflicht war immer ein Stück Identität der CDU. Wir haben uns immer dazu bekannt.

Sie sagten "wir haben".

Müller Die äußeren Rahmenbedingungen haben sich dramatisch verändert. Deshalb ist eine ergebnisoffenen Debatte über den Sinn und die Ausgestaltung der Wehrpflicht richtig.

Jede gute Politik beginnt mit dem Betrachten der Realität? Also Berufsarmee?

Müller Die wichtigste Frage dazu heißt: Was ist sicherheitspolitisch notwendig? Wie muss eine Armee sein, damit sie ihren Auftrag erfüllen kann? Erst danach geht es um gesellschaftspolitische Belange.

Was meinen Sie damit?

Müller Ich frage mich, welche Verantwortung des Bürgers für sein Gemeinwesen wir gesetzlich etablieren sollten. Ist es nicht legitim, zu verlangen, dass sich junge Menschen auch für das Gemeinwesen für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung stellen?

Sie plädieren für einen sozialen Pflichtdienst für junge Männer und Frauen?

Müller Das sollte man ernsthaft überlegen.

Geht CSU-Verteidigungsminister zu Guttenberg beim umfassenden Umbau der Bundeswehr zu forsch vor?

Müller Da gibt's nichts zu kritisieren. Er führt die ihm übertragenen Aufträge konsequent aus.

Was halten Sie vom demoskopischen Überflieger Karl-Theodor zu Guttenberg?

Müller Freiherr zu Guttenberg ist ein Kapital für die Union insgesamt. Er geht seinen Weg, und er hat klare Positionen. Das ist gut.

Sie sind seit 2009 auch Justizminister des Saarlands. Was halten Sie von der Debatte über Sicherungsverwahrung so genannter tickender menschlicher Zeitbomben?

Müller Wir brauchen einen dauerhaften Schutz vor gefährlichen Straftätern. Dazu brauchen wir neue rechtliche Instrumente. Der Schutz der Bevölkerung hat Vorrang vor dem Freiheitsrecht eines nach wie vor gefährlichen Straftäters. So sieht es auch das Bundesverfassungsgericht.

Die Rechtslage gebietet bei zahlreichen Sicherungsverwahrten aber gerade die Freilassung, die Sie nicht wollen.

Müller Die Rechtslage ist vertrackt. Wir kommen leider an der aus meiner Sicht problematischen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht vorbei. Wir benötigen dringend eine neue Form der Sicherheits-Unterbringung, auch für Altfälle.

Wie beurteilen Sie die SPD-Rückzugsgefechte beim Thema Rente mit 67?

Müller Das ist der Versuch, Politik gegen Adam Riese zu machen. Die Fakten sind eindeutig: Die Rentenbezugszeiten haben sich mehr als verdoppelt. Die älteren Jahrgänge sind die starken, die jüngeren die deutlich geburtenschwachen Jahrgänge. Wer da gegen die Rente mit 67 ist, handelt verantwortungslos gegenüber der jungen Generation.

Traditionelle CDU-Wähler scheinen — siehe die letzten Wahlen — mit ihrer Partei zu fremdeln und fragen: Wo bleibt das Konservative? Konkret und aktuell dazu: Sollten homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen?

Müller Nein, das wäre keine gute Idee. Es gibt keine zwingende Begründung für ein unbegrenztes Adoptionsrecht, also auch solcher Kinder, die nicht in einem Verwandtschaftsverhältnis zu einem der gleichgeschlechtlichen Partner stehen. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staates. Das ist auch im Adoptionsrecht zu beachten.

Sie regieren im Saarland seit 2009 mit FDP und Grünen? Ist Schwarz-Grün das Koalitionsmodell mit dem größten politischen Charme?

Müller Nein. Schwarz-Grün ist eine Option wie andere Koalitionsoptionen auch. Voraussetzung für eine Koalition sind inhaltliche Übereinstimmung und gegenseitiges Vertrauen.

(rai/RP)
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