Ministerpräsidentenkonferenz Bund und Länder einigen sich auf Deutschlandticket

Berlin · Die Länderchefs berieten mit dem Kanzler über Entlastungen in der Energiekrise. Strittig war unter anderem die Finanzierung des geplanten 49-Euro-Tickets. Am Ende gab es zufriedene Mienen.

Von links: Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Von links: Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bund und Länder haben ihren Streit über die Einführung des bundesweiten Deutschland-Tickets im Personennahverkehr beigelegt. „Das Deutschlandticket wird jetzt kommen, auch sehr zügig“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstagabend nach Beratungen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder. „Wir haben jetzt alle Hürden beseitigt, so dass die Verantwortlichen in den Ländern und den Verkehrsunternehmen jetzt alles daran setzen können, dass das auch schnell und zügig vorangeht.“

Bund und Länder wollten sich die Kosten dafür je zur Hälfte teilen, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) derzeit innehat. In den Ländern war zuletzt der 1. April nächsten Jahres als Starttermin im Gespräch. Ob das tatsächlich gelingt, blieb am Abend offen, da noch zahlreiche Vorbereitungen getroffen werden müssen. „Wir werden aber viel Tempo machen“, versprach Weil. „Das Thema darf kein Sommerthema werden.“

Bund und Länder hatten sich bereits im Prinzip geeinigt, sich die Kosten für das digitale, bundesweit gültige Deutschlandticket für den ÖPNV für 49 Euro pro Monat mit je 1,5 Milliarden Euro zu teilen. Die Länder wollten aber auch Garantien, dass der Bund die Hälfte etwaiger Mehrkosten übernimmt. Die Städte und Gemeinden begrüßten die Entscheidung. „Im Hinblick auf die steigenden Energiepreise war bereits länger offensichtlich, dass die im Herbst zur Finanzierung vereinbarten drei Milliarden Euro nicht ausreichen werden. Weder die Verkehrsunternehmen noch ihre Träger, die Kommunen, können in diesen Zeiten zusätzliche Belastungen verkraften. Deshalb ist es gut, dass sich Bund und Länder zumindest für das Jahr 2023 darauf verständigt haben, die Kosten hälftig zu tragen. Die Kommunen setzen darauf, dass es im kommenden Jahr gelingen wird, auch für die Folgejahre eine funktionierende Finanzierung zu vereinbaren“, sagte Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte und Gemeindebunds, unserer Redaktion.

Landsberg kritisierte, dass sich beim Umgang mit der Corona-Pandemie aber „ein wahrer Flickenteppich“ abzeichne, etwa bei der Maskenpflicht in Bussen und Bahnen. „Das schadet der Akzeptanz für die noch bestehenden Schutzmaßnahmen.“

Zudem verständigten sich Bund und Länder nach Aussage von Scholz auf letzte Details eines Härtefallfonds für kleine und mittlere Unternehmen zur Dämpfung der hohen Energiepreise. Es sei „ein gutes Zeichen, dass das jetzt losgehen kann“, sagte Scholz. Sichergestellt werden solle, dass die Preise für Gas, Fernwärme und Strom sinken könnten. „Das hilft, dass wir schnell, zügig auch helfen können“, sagte Weil. Der Bund werde mit einer Milliarde Euro die Aktivitäten der Länder unterstützen. Generelle Hilfen für Öl- und Holzpelletheizungen soll es offenbar aber nicht geben. „Da müssen wir jetzt in den Ländern selber eine Antwort darauf geben“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

Die Stimmung im Vorfeld der Gespräche war angesichts der noch vielen offenen Fragen angespannt zwischen Ministerpräsidenten und Kanzleramt. Doch im Laufe des Nachmittags näherte man sich an. Am Ende zogen Scholz, Weil und Wüst eine überwiegend positive Bilanz. Wüst beklagte allerdings, dass man das Thema Planungsbeschleunigung nicht besprochen habe.

Scholz nutzte die Pressekonferenz im Kanzleramt auch für eine Bilanz seines ersten Amtsjahres, das er genau vor einem Jahr angetreten hatte. „Wir haben in einer schwierigen Situation für unser Land es geschafft, Lösungen zu finden für die Probleme. Und wir haben gezeigt, dass Deutschland handlungsfähig ist“, sagte Scholz. Es sei ein „aufreibendes Jahr“ gewesen, mit vielen aufwühlenden Momenten. Er habe nach dem russischen Überfall auf die Ukraine sehr bewusst von einer „Zeitenwende“ gesprochen. Mit dem Angriff sei die Verständigung über die Friedens- und Sicherheitsarchitektur in Europa aufgekündigt worden.

Kritik am Treffen gab es von der Opposition: Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, kritisiert das Vorgehen in der Corona- und Gesundheitspolitik scharf. Bartsch sagte unserer Redaktion: „Die Corona-Politik ist zu einem Kuriositätenkabinett des Föderalismus verkommen. Dieser Flickenteppich ist niemandem erklärbar.“ In den Fokus der MPK hätten zudem „die unhaltbaren Zustände in Kinderkliniken gehört“. Bartsch forderte Bund und Länder zu einer „konzertierten Aktion für mehr Fachpersonal, mehr Betten und Qualität“ auf. „Dass viele Bundesländer Kapazitäten abgebaut haben, muss umgehend korrigiert werden“, ergänzte der Fraktionschef.

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