Kommentar zu Morddrohungen Kommunalpolitiker brauchen Schutz vom Staat und Solidarität der Bürger

Meinung | Berlin · Kommunalpolitiker stehen in der Öffentlichkeit und sind Angriffen meist schutzlos ausgeliefert. Sie brauchen mehr Schutz vom Staat und mehr Solidarität der Gesellschaft. Sonst will den Job bald keiner mehr machen.

  Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) spricht auf der Kundgebung "Zusammen sind wir stark" für den ermordeten Walter Lübcke.

Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) spricht auf der Kundgebung "Zusammen sind wir stark" für den ermordeten Walter Lübcke.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Das Ausmaß an Morddrohungen gegen Kommunalpolitiker und andere Demokraten, die sich für Toleranz und Humanität einsetzen, ist erschreckend. Die Sicherheitsbehörden stehen dem viel zu oft hilflos gegenüber: Verfahren werden eingestellt, Täter können nicht ermittelt werden, und in manchen Fällen wird die drohende Gefahr übersehen oder falsch eingeschätzt.

Es bedarf bei den Sicherheits- und Justizbehörden mehr Sensibilität, mehr Aufmerksamkeit und mehr Einsatz gegen die Bedrohung von Kommunalpolitikern und Vertretern der Zivilgesellschaft. Die Demokratie kann nur wehrhaft sein, wenn auch ihre Behörden sie verteidigen. Es muss mehr Personal bei Polizei, Sicherheitsdiensten und in Gerichten für die Verfolgung rechtsradikaler Straftäter eingesetzt werden. Der Aufruf zum Mord ist eine Straftat und muss auch als solche behandelt werden. Dafür ist es zwingend, die Behörden personell aufzustocken und ihre Beamten zu schulen. Man wird in Zukunft auch noch genauer hinschauen müssen, ob jeder einzelne Beamte in den Sicherheitsapparaten sich den demokratischen Prinzipien verpflichtet fühlt.

Man kann nicht jedem Verantwortungsträger in den Kommunen Polizeischutz gewähren, wie Minister ihn haben. Ein solches Aufgebot wäre organisatorisch nicht zu realisieren. Außerdem würde es das Prinzip der Kommunalpolitik zerstören, nach dem sich ihre Vertreter ungezwungen auf den Marktplätzen, in den Vereinen und Supermärkten ihrer Kommunen bewegen.

Auch die Gesellschaft, jeder Bürger, sollte seinen Beitrag leisten. Wer bedroht wird,  braucht den Schutz vom Staat und die Solidarität der Gemeinschaft. Eine solche Solidarität zeigt sich zum Beispiel, wenn Bürger in sozialen Netzwerken wie in der direkten Begegnung einer verrohten Sprache Einhalt gebieten.

(qua)
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