Extremismus Morddrohung gegen Linke – Spur zur Polizei in Hessen?

Berlin · Nach erneuten Morddrohungen gegen Linke-Politikerin Janine Wissler, beklagt Bundesparteichef Bernd Riexinger Staatsversagen beim Schutz von Mitgliedern seiner Partei. Die Polizeigewerkschaft in Hessen fordert lückenlose Aufklärung.

 Janine Wissler

Janine Wissler

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die stellvertretende Linksparteichefin und hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler hat erneut Morddrohungen bekommen - eine Spur führt möglicherweise zur Polizei in Wiesbaden. Laut „Frankfurter Rundschau" wurden im Februar von einem dortigen Dienstcomputer Daten der Politikerin abgefragt. Kurz darauf habe sie zwei Drohschreiben bekommen, die persönliche und öffentlich nicht zugängliche Daten enthielten. Inzwischen gebe es einen dritten Brief. Alle seien mit „NSU 2.0" unterzeichnet. Die Abkürzung steht für den Nationalsozialistischen Untergrund, der zwischen 2000 und 2007 zehn rechtsterroristische Morde in Deutschland verübt hatte.

Der Bundesvorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, warf Staatsbehörden vor, seine Partei und deren Anhänger nicht gegen Gewaltbedrohung zu schützen und einer Eskalation rechtsextremistischer Hetze zuzusehen. „Ich bin schockiert darüber, dass meinen Kolleginnen in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt Polizeischutz angeboten wurde. Wenn so der Eindruck entsteht, dass der Staat die Bedrohungslage nicht ernst nimmt, stärkt das die Täter“, sagte er unserer Redaktion. Die Morddrohungen seien ein weiterer Schritt in Richtung einer Eskalation rechter Hetze. Seit Monaten gebe es massive Drohungen und Tätlichkeiten „gegen linke Politiker und Politikerinnen und Aktivistinnen und Aktivisten, die sich gegen Rassismus, Neonazismus und Antisemitismus engagieren.“

Der Frage nach der Untätigkeit der Behörden stehe nun „der Fakt gegenüber, dass private, nicht öffentlich zugängliche Daten von Janine Wissler in einem Wiesbadener Polizeirevier abgerufen wurden“, sagte Riexinger. Das rechtsextreme Netzwerk in den Behörden in Hessen erscheine noch größer als bisher bekannt. Es gehe aber nicht nur um Hessen. Die AfD stehe an vorderster Front der gesellschaftlichen Hetze gegen Humanismus, Solidarität und Weltoffenheit, aber auch rechtspopulistische Töne in der Union befeuerten ein Klima der Verachtung und des Hasses.

Innenminister Horst Seehofer (CSU) versicherte: „Jede politische Richtung" genieße staatlichen Schutz. Die Morddrohungen gegen Wissler seien „inakzeptabel". Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hessen forderte lückenlose Aufklärung. „Sollten Kollegen dafür verantwortlich sein, hätten sie in der Polizei nichts zu suchen“, sagte der GdP-Landesvorsitzende Andreas Grün. Es sei offensichtlich auf das Infosystem der Polizei zugegriffen worden. Wieviele Polizisten den Computer nutzten, sei nicht klar. Die Ermittlungen müssten abgewartet werden. Der Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke im vorigen Jahr in Hessen und jetzt die Drohungen gegen die Linke-Politikerin erforderten allerhöchste Wachsamkeit, die die Landespolizei auch unter Beweis stelle, sagte Grün. Verfehlungen seien seiner Ansicht nach Einzelfälle – aber jeder Einzelfall sei einer zu viel.

(kd)
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