Ministerpräsidenten beschließen Staatsvertrag Länder machen weg für Online-Glücksspiele frei

Berlin · Ab Sommer 2021 soll ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten – mit wesentlichen Änderungen. Unter anderem soll das Glücksspiel im Internet erlaubt werden. In Sachsen-Anhalt soll eine zentrale Behörde eingerichtet werden. Die Neuregelungen sind umstritten.

 Ein Mann sitzt in einer Kneipe an einem Glücksspielautomat.

Ein Mann sitzt in einer Kneipe an einem Glücksspielautomat.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Glücksspiele im Internet wie Online-Poker oder Online-Casinos sollen künftig in Deutschland erlaubt werden. Das sieht der neue Glücksspielstaatsvertrag vor, den die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag grundsätzlich beschlossen haben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur nach der Konferenz der Länderchefs in Berlin aus Teilnehmerkreisen. Der Staatsvertrag muss noch von den einzelnen Landesparlamenten ratifiziert werden und soll am 1. Juli 2021 in Kraft treten.

Vorgesehen ist eine neue zentrale Glücksspielbehörde, die ihren Sitz in Sachsen-Anhalt hat. Das geht aus dem Vertrag hervor, welcher der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die neue Behörde soll Aufgaben der Glücksspielaufsicht vor allem im Internet wahrnehmen und zum 1. Juli 2021 errichtet werden.

Vorausgegangen waren lange Verhandlungen unter Federführung der NRW-Staatskanzlei. Eine Neuregelung des deutschen Glücksspielmarktes ist notwendig, weil es in den vergangenen Jahren massive Veränderungen gegeben hat mit einem Boom von bisher nicht regulierten Glücksspielen im Internet. Derzeit hat als einziges Bundesland Schleswig-Holstein Lizenzen für Online-Glücksspiele vergeben.

Ein Ziel des Staatsvertrages ist, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern. Gleichrangig sollen als weiteres Ziel Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung geschaffen werden – sowie durch ein „begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb“ der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken. Der Jugend- und Spielerschutz soll gewährleisten werden.

So sollen in einer Sperrdatei künftig Zocker mit Selbst- oder Fremdsperre erfasst werden. Der Vertrag sieht außerdem Einschränkungen etwa bei der Werbung für Online-Glücksspiel vor. So darf täglich zwischen 6:00 und 21:00 Uhr keine Werbung im Rundfunk und Internet für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und -Casinospiele erfolgen. Für Spieler soll ein individuelles monatliches „anbieterübergreifendes“ Einzahlungslimit festgelegt werden, das 1000 Euro im Monat nicht übersteigen darf.

Auch für Sportwetten gibt es Regeln. So dürfen laut Vertrag während des laufenden Sportereignisses ausschließlich Wetten abgeschlossen werden, die auf das Endergebnis oder auf das nächste Tor, den nächsten Satz oder einen ähnlichen Bestandteil eines Endergebnisses in Sportarten wetten, in denen regelmäßig nur eine geringe Gesamtanzahl dieser Ereignisse auftritt – insbesondere im Fußball, Hockey, Eishockey oder Volleyball.

Jürgen Häfner, Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz, der federführenden Gesellschaft im deutschen Lotto- und Totoblock, begrüßte die Entscheidung der Ministerpräsidenten. Dadurch könne im Online-Bereich der illegale Markt zurückgedrängt werden. „Auf der Basis des neuen Glücksspielstaatsvertrages können wir unsere Produktpalette weiterentwickeln, innovative Ideen verwirklichen und optimistisch in die Zukunft blicken.“

Dagegen hatte eine breite Allianz von Verbänden den Ländern drastische Defizite beim Spielerschutz vorgeworfen. Wirtschaftliche Interessen und Staatseinnahmen aus dem Glücksspiel stellten nachvollziehbare Motive dar, dürften aber nicht auf Kosten von Einzelschicksalen und des Gemeinwohls erfolgen, heißt es in einem Brief an die Länderchefs.

Der Vorstandssprecher des Verbands Deutsche Automatenwirtschaft, Georg Stecker, sagte, für einen wirksamen Spieler- und Jugendschutz müssten die Länder nun von ihren Kompetenzen Gebrauch machen und bei der Umsetzung des Vertrags den eingeschlagenen Weg der qualitativen Regulierung konsequent weiterverfolgen. Mindestabstände bei Spielhallen seien nun absurder denn je, da bisher illegale virtuelle Automatenspiele und Online-Casinos erlaubt würden. Daniel Henzgen, Mitglied der Geschäftsleitung des Glücksspielanbieters Löwen Entertainment, sagte, es sei gut, dass durch eine Öffnung des Marktes für Online-Glücksspiel nun auch legale, in Deutschland Steuern zahlende Unternehmen an diesem Wachstumsmarkt teilhaben dürften. Konsumenten würden aber durch Restriktionen gegängelt.

(c-st/dpa)
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