Debatte um Fachkräftemangel Ministerin Schröder setzt auf 50 plus

Berlin (RP). Familienministerin Kristina Schröder will den Fachkräftemangel entschärfen, indem mehr Frauen, mehr Migranten und mehr Ältere arbeiten. 50-Jährige gehörten noch nicht zum alten Eisen, sagt sie.

Kristina Schröder - die frühere Familienministerin
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Familienministerin Kristina Schröder (CDU) findet es "absurd", 50-Jährige bereits als "Ältere" zu bezeichnen. "Auch deswegen", meint die 33-jährige Ministerin, "weil die heute 50-Jährigen so anders sind als die 50-Jährigen in den Generationen zuvor." Sie seien mit den Beatles und den Rolling Stones, mit Jeans und Minirock groß geworden. "Sie haben ein ganz anderes Lebensgefühl als die Vorgängergeneration — und zählen nicht zum alten Eisen."

Die Arbeitnehmer, die 50 Jahre und älter sind, bleiben auch immer länger im Job. Aktuell liegt die Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen bei rund 54 Prozent. Während Arbeitnehmer im Jahr 2001 im Durchschnitt noch mit 60,6 Jahre in den Ruhestand gingen, ist das Erwerbsaustrittsalter mittlerweile auf 62 Jahre gestiegen.

Fachkräftemangel als "Chance für ältere Beschäftigte"

Den drohenden Fachkräftemangel sieht Schröder als "Chance für ältere Beschäftigte". "Wir werden den zu erwartenden Rückgang der Erwerbstätigen von weit über fünf Millionen bis zum Jahr 2030 nur dann abfedern können, wenn mehr Frauen — möglichst in Vollzeit — beschäftigt werden, mehr Migrantinnen und Migranten und nicht zuletzt mehr ältere Beschäftigte", sagte Schröder unserer Redaktion. Die Ministerin mahnte aber auch, verabschieden müssten sich die Menschen "von lebenslangen Tätigkeiten im gleichen Bereich". Sie betonte: "Der Dachdecker, die Altenpflegerin und der Autobauer am Fließband müssen weit vor Erreichen der Altersgrenze andere Aufgaben erhalten, die ihnen die Arbeit bis zur Rente ermöglichen."

Der demografische Wandel macht sich bereits auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. 2005 lag die Zahl der Jugendlichen im Ausbildungsalter (16 bis 20 Jahre) noch bei vier Millionen. Bereits 2012 wird sie auf drei Millionen zurückgegangen sein. Im Jahr 2060 soll sie nach statistischen Bevölkerungsprognosen bei nur noch 2,1 Millionen liegen. Handwerkspräsident Otto Kentzler hat bereits seine Zunft gemahnt, sich nach Osten zu öffnen und sich die Lehrlinge auch in Polen und Tschechien zu suchen.

Aktueller Fachkräftemangel im "Mint"-Bereich

Aktueller Fachkräftemangel herrscht bereits im sogenannten Mint-Bereich. Mint steht als Abkürzung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Kaum eine Berufsgruppe ist so gefragt wie Ingenieure, Informatiker und Techniker. Nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft erleidet die Volkswirtschaft durch den Fachkräftemangel in diesem Bereich jährliche Wertschöpfungsverluste von rund 28 Milliarden Euro.

Ältere Arbeitnehmer haben nach Ansicht der Familienministerin "ihre eigenen Stärken", und sie seien gegenüber ihrem Arbeitgeber meist besonders loyal. "Sie sind oft im Vorteil, wenn es um die Ansprache der älteren Kundschaft geht." Dies sei für Unternehemen besonders wichtig, denn die Generation über 50 Jahre sei die einzige Käufergruppe, die noch wachse. "Immer mehr Firmen sind also vom Konsum der Älteren abhängig", betonte Schröder.

Noch bis Ende des Jahres läuft im Familienministerium ein Modellprojekt, das auf die Strategie setzt, ältere Beschäftigte im Einzelhandel auch ältere Kunden bedienen zu lassen. Die Idee dahinter: Eine ältere Verkäuferin wird eine teure Anti-Falten-Creme überzeugender einer Kundin verkaufen können als die 20-jährige Kollegin mit makelloser Haut.

Kooperationspartner sind unter anderem Karstadt, Galeria Kaufhof, Douglas, Edeka, Appelrath-Cüpper, Metro Cash & Carry, Globus, Tedox. Aus dem laufenden Projekt berichten die Unternehmen, dass die Mitarbeiter motiviert und die Kunden mit der altersgerechten Bedienung zufrieden seien.

(RP)
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