Minister Lauterbach zu steigenden Corona-Infektionszahlen „Die Sommerwelle ist Realität geworden“

Berlin · Der Bundesgesundheitsminister sieht vor dem Hintergrund höherer Inzidenzwerte vorerst keine Entspannung in Deutschland. Lauterbach ruft verstärkt zum Impfen auf.

 Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei einer Pressekonferenz in seinem Ministerium (Archiv).

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei einer Pressekonferenz in seinem Ministerium (Archiv).

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich besorgt zum derzeitigen Anstieg der Corona-Infektionszahlen geäußert. „Die angekündigte Sommerwelle ist leider Realität geworden. Das bedeutet auch für die nächsten Wochen wenig Entspannung“, sagte er unserer Redaktion. „Weil die aktuelle Virusvariante sehr leicht übertragbar ist und weil fast alle Vorsichtsmaßnahmen ausgelaufen sind, verpufft in diesem Jahr der Sommereffekt in der Pandemie“, so Lauterbach weiter.

Die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner steigt seit Tagen an. Von Montag auf Dienstag sprang sie nach Angaben des Robert Koch-Instituts von 331,8 auf 447,3. Gezählt wurden dabei 105.840 neue Corona-Fälle. 107 Menschen starben binnen 24 Stunden im Zusammenhang mit dem Coronavirus.

Bei den Omikron-Sublinien BA.4 und BA.5, die derzeit zu steigenden Corona-Fallzahlen beitragen, geht ein Laborverband aktuell bereits von hohen Anteilen in Deutschland aus. Für diese Woche sei anhand der bisherigen Ausbreitungsgeschwindigkeit anzunehmen, dass BA.4 vermutlich etwa 15 bis 16 Prozent des Infektionsgeschehens ausmache und BA.5 40 bis 50 Prozent, sagte der Vorsitzende des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM), Michael Müller, am Dienstag. Er rechne mit einer weiteren Ausbreitung bis etwa Mitte Juli und im Zuge dessen mit hoch bleibenden Infektionszahlen. In den nächsten Wochen könnte sich BA.4 noch gegen BA.5 durchsetzen.

Lauterbach warnte vor dem Hintergrund nicht nur vor dem verpuffenden Sommereffekt in diesem Jahr. Er warb auch für mehr Impfungen. „Älteren und Vorerkrankten empfehle ich daher dringend, sich nochmal impfen zu lassen. Das verhindert nicht unbedingt eine Infektion, aber es verhindert schwere Krankheitsverläufe“, sagte der Minister. In Deutschland erhielten laut Bundesgesundheitsministerium bisher 5,2 Millionen Menschen eine zweite Auffrischungsimpfung. Dies sind 6,3 Prozent der Bevölkerung.

Auch der Vorsitzende des Virchowbundes, des Verbandes der niedergelassenen Ärzte, Dirk Heinrich, rief die Menschen zur Corona-Impfung auf. „Wer noch nicht geimpft ist, sollte sich jetzt impfen lassen, um eine schwere Erkrankung zu vermeiden“, sagte er. „Personen, die zu einer Risikogruppe gehören oder über 70 Jahre alt sind, sollten sich gemäß der Empfehlung der Ständigen Impfkommission erneut impfen lassen, um ihren mit der Zeit nachlassenden Schutz aufzufrischen“, so Heinrich. Er rief Bund und Länder dazu auf, die mit hoher Wahrscheinlichkeit steigenden Infektionszahlen in der kalten Jahreszeit durch geeignete Maßnahmen abzubremsen. „Die Politik sollte sich darauf konzentrieren, die Corona-Maßnahmen wissenschaftlich zu evaluieren und umgehend Vorbereitungen für den Herbst zu treffen“, sagte Heinrich.

Auch die Labore forderten mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter mehr Planungssicherheit, etwa zu den benötigten Testkapazitäten. Die Nationale Teststrategie laufe zum Monatsende aus. Anlasslose Bürgertests in Testzentren würden zum weiteren Management der Pandemie nicht mehr gebraucht, hieß es in einer Mitteilung des Verbandes.

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