EU-Rechte für 28 Millionen gestohlen Millionenbetrug bei CO2-Emissionshandel

Brüssel (RPO). Der europäische Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten ist in den vergangenen Tagen der EU-Kommission zufolge in großem Stil Computerhackern und Betrügern zum Opfer gefallen. Insgesamt zwei Millionen Berechtigungen zum Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) im Wert von rund 28 Millionen Euro seien gestohlen worden, erklärte die EU-Behörde am Donnerstag in Brüssel.

Die Kommission hatte deshalb am Mittwoch den Emissionshandel - ihr wichtigstes Klimaschutz-Instrument - zunächst für eine Woche ausgesetzt. Die staatlichen Registrierstellen in Österreich, Tschechien, Estland, Griechenland und Polen waren Ziel der Kriminellen. Diese fünf und mindestens neun andere EU-Staaten hielten die Sicherheitsstandards zur Kontrolle der Handelsteilnehmer nicht ein, erklärte eine Sprecherin der Kommission. Deutschland gehöre nicht dazu. Nach einem Vorfall vor einigen Wochen sei dort die Überwachung verschärft worden.

Für Freitag berief die Kommission ein Krisentreffen mit den 27 EU-Staaten ein, bei dem die Einhaltung der Vorschriften überprüft werden soll. Der Handel könne erst wieder aufgenommen werden, wenn die Staaten nachwiesen, dass alle Vorkehrungen gegen kriminelle Machenschaften getroffen seien, erklärte ein Experte der Kommission.

Schlechtes Licht auf Vorreiterprojekt

Der Betrugsskandal wirft ein schlechtes Licht auf den Emissionshandel, den die Europäische Union als Vorreiter im Klimaschutz als erste Region der Welt 2005 einführte. Dabei teilt der Staat Industrieunternehmen und Kraftwerken eine bestimmte Menge an Verschmutzungsrechten zu. Wer mehr CO2 ausstoßen will, muss die Berechtigungsscheine dafür am Markt kaufen. Wer klimafreundlich produziert, kann ungenutzte Lizenzen verkaufen. Im Lauf der Zeit wird die zugeteilte Menge vom Staat gekürzt, um die Unternehmen zu einer Reduktion des schädlichen Treibhausgases zu zwingen.

Betroffen von dem Millionenbetrug ist der Kassamarkt, auf dem die Verschmutzungsrechte unmittelbar gehandelt werden. Dieser macht aber nur 20 Prozent des Handels aus, 80 Prozent der EUA (EU Allowances) wechseln über den Terminmarkt den Besitzer. Wer am Kassamarkt Berechtigungsscheine kaufen will, muss die Transaktion über staatliche Register abwickeln. Wie die Kommission vermutet, gelang es den Dieben, wegen der zu laschen Kontrollen an Passwörter heranzukommen. Doch sei auch nicht auszuschließen, dass mit dem Handel befasste Mitarbeiter in Unternehmen die Übeltäter sein könnten. Die Ermittlungen sind noch in vollem Gang.

Nach Ansicht der Kommission ist die Schwachstelle des Emissionshandels seine bisher noch dezentrale Struktur, da jedes EU-Land den Handel in seinen Grenzen steuert. Sicherheitslücken sind schon länger bekannt. Anfang vergangenen Jahres waren in einem kleinen Unternehmen Rechte gestohlen worden. Im November kamen dem Schweizer Zementhersteller Holcim von seinem Konto bei der Registrierstelle Rumäniens 1,6 Millionen Zertifikate abhanden. Ab 2013 sei mit einer schärferen Kontrolle zu rechnen, erklärten Kommissionsvertreter. Dann soll der Handel über eine zentrale Stelle der EU-Kommission abgewickelt werden.

(RTR/awei)
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