Debatte um Afghanistaneinsatz Militärdekan nennt Käßmann "realitätsfern"

Berlin/Kundus (RP). Scharfe Kritik an Bischöfin Margot Käßmann hat der evangelische Militärdekan bei der Bundeswehr in Kundus, Karsten Wächter, geübt. Käßmanns Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz seien "ärgerlich" und "nicht zutreffend", schreibt Wächter in einem Brief an die Bischöfin, der unserer Redaktion vorliegt.

Margot Käßmann: Frau voller Widersprüche
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Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland hatte mehrfach einen schnellen Abzug der Bundeswehr gefordert und in ihrer Silvesterpredigt betont, "auch nach den weitesten Maßstäben" der Kirche sei "dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen".

Dem hält Wächter mit Hinweis auf die in Afghanistan üblichen Überfälle aus dem Hinterhalt entgegen: "Ist es unchristlich, sich selbst und seine Kameraden zu verteidigen?" Belastend für die Soldaten sei vor allem der nicht greifbare und heimtückische Gegner, schreibt der Militärdekan. "Ein Mann, der eben noch eine Waffe getragen hat, taucht im nächsten Moment als harmloser Bauer auf — oder umgekehrt." Die Diskussion in Deutschland, wer Zivilist sei und wer nicht, sei, so Wächter, von Kundus aus nicht nachvollziehbar.

"Man hat den Eindruck, dass Sie auf abstrakter und theoretischer Ebene über eine Sache diskutieren, ohne sich einen persönlichen Eindruck von der Realität vor Ort verschafft zu haben", heißt es in dem Schreiben an die Bischöfin. Auch ihre Verbesserungsvorschläge verblieben "in Allgemeinplätzen, wie zum Beispiel ,mehr Phantasie für den Frieden'". Die Ratsvorsitzende sei gut beraten, konkrete andere Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. "Sonst fällt das Ernstnehmen schwer."

Kardinal Meisner verteidigt Bundeswehr

Auch der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner widersprach Käßmann: Ihr Satz "Nichts ist gut in Afghanistan" sei so nicht korrekt. In einem Interview des "Bonner General-Anzeigers" verteidigte Meisner den Einsatz der Bundeswehr. "Ich kann von der Domkanzel aus sehr leicht über das Ideal des Friedens predigen. Aber ich muss auch denen helfen, die das in die Tat umsetzen müssen." Die Soldaten hätten sich nicht selbst nach Afghanistan geschickt und verdienten Solidarität.

Unterdessen sucht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kurz vor der Afghanistan-Konferenz in London den Schulterschluss mit der Opposition. Dafür sondierte Merkel in einem persönlichen Gespräch am Montag mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Bedingungen für eine Zustimmung der SPD für ein gemeinsames Afghanistan-Konzept, erfuhr unsere Redaktion aus Regierungskreisen.

Nahe der deutschen Botschaft in der Hauptstadt Kabul ist gestern Abend eine Rakete eingeschlagen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes wurde das Botschaftsgebäude aber nicht beschädigt.

(RP)
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