Denkzettel Milbradt erst im zweiten Anlauf gewählt

Dresden (rpo). Bei der Wahl zum sächsischen Ministerpräsidenten hat der Dresdner Landtag dem bisherigen Amtsinhaber Georg Milbradt einen Denkzettel verpasst. Erst im zweiten Wahlgang bestimmten die Abgeordneten den 59-jährigen CDU-Politiker für weitere fünf Jahre zum Regierungschef. Der NPD-Gegenkandidat erhielt dagegen in beiden Wahlgängen mehr Stimmen als die NPD Abgeordnete stellt.

Fehlstart für die erste schwarz-rote Regierungskoalition in Sachsen: Ministerpräsident Georg Milbradt scheiterte im ersten Wahlgang, weil ihm mindestens sechs Abgeordnete der CDU/SPD-Koalition die Zustimmung verweigerten. Milbradt (CDU) kam auch im zweiten Anlauf nur auf 62 von 68 möglichen Koalitionsstimmen, doch diesmal reichte diese einfache Mehrheit für die Wiederwahl. Der NPD-Gegenkandidat Uwe Leichsenring kam in beiden Durchgängen auf 14 Stimmen - zwei mehr als die Zahl der NPD-Mandate im Landtag.

Nach der Entscheidung räumte der für fünf Jahre wiedergewählte Milbradt ein, er habe kurz überlegt, ob er die Wahl annehmen solle. Es sei kein schöner Augenblick gewesen, einen zweiten Wahlgang erleben zu müssen. Die Abgeordneten rief er dazu auf, mit "der Regierungskoalition vertrauensvoll zusammenzuarbeiten". Jetzt beginne die Regierungsarbeit. Dass zwei Abgeordnete, die nicht der NPD angehörten, ihre Stimme dem NPD-Gegenkandidaten Leichsenring gegeben hatten, bezeichnete der 59 Jahre alte CDU-Politiker als "schlimm". Das sei kein Ruhmesblatt für Sachsen.

Justizminister Thomas de Maiziere (CDU) sprach von einem schlechten Start für die neue Regierung. Da gebe es nichts zu beschönigen. Es sei Besorgnis erregend, dass Milbradt nicht alle Stimmen der Koalitionsmehrheit bekommen habe.

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Jurk, warnte vor erheblichen Problemen, die es jetzt in den nächsten Wochen zu lösen gelte. Diejenigen, die den NPD-Kandidaten gewählt hätten, wollten dem Freistaat Schaden zufügen. Am Montag hatten Milbradt und Jurk den ersten Koalitionsvertrag in der Geschichte des Freistaates nach 14 Jahren CDU-Alleinregierung unterzeichnet. Das Regierungsbündnis war notwendig geworden, nachdem die CDU bei der Landtagswahl im September ihre absolute Mehrheit verloren hatte.

Sondersitzung nach erstem Wahlgang

Im Dresdner Landtag sitzen jetzt 55 Abgeordnete von der CDU, 13 von der SPD, 31 von der PDS, 12 von der NPD, 7 von der FDP und 6 von den Grünen. Im ersten Wahldurchgang hätte Milbradt daher eine absolute Mehrheit von 63 Stimmen der insgesamt 124 Abgeordnetenmandate benötigt. Nach dem Scheitern im ersten Wahlgang wurde die Landtagssitzung unterbrochen. Die CDU-Fraktion kam zu einer Sondersitzung zusammen und wurde von ihrem Vorsitzenden Fritz Hähle auf ein einstimmiges Votum eingeschworen.

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Holger Zastrow, nannte das Scheitern Milbradts im ersten Wahlgang einen klassischen Fehlstart. PDS-Fraktionschef Peter Porsch sprach dagegen von einem normalen demokratischen Vorgang. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Karl-Heinz Gerstenberg, bezeichnete die 14 Stimmen für den NPD-Kandidaten Leichsenring als einen Skandal.

Milbradt hatte im Frühjahr 2002 das Amt des Regierungschefs von seinem Vorgänger Kurt Biedenkopf übernommen. Ein Jahr zuvor war er vom Ministerpräsidenten als Finanzminister entlassen worden. Biedenkopf hatte Milbradt damals als guten Kassenwart, aber schlechten Politiker bezeichnet. Am Donnerstag wird das neue Kabinett zuerst von Milbradt in der Dresdner Staatskanzlei ernannt und anschließend vor dem Landtag vereidigt.

(afp)
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