Geordnete-Rückkehr-Gesetz Justizministerium zerlegt Seehofers Abschiebe-Pläne

Düsseldorf · Das von Bundesinnenminister Horst Seehofer geplante Gesetz zur Unterbringung von Abschiebekandidaten in regulären Gefängnissen stößt auf viel Kritik. Das Justizministerium NRW zählt gleich mehrere Mängel des Vorhabens auf.

 Innenminister Horst Seehofer.

Innenminister Horst Seehofer.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Gesetzespaket mit Verschärfungen im Abschieberecht auf den Weg gebracht. Das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) soll die Richtlinie, dass Abschiebe- und reguläre Strafhäftlinge in getrennten Einrichtungen untergebracht werden müssen, für drei Jahre aufheben. Das sehen viele Politiker und Organisationen kritisch.

Auf Nachfrage unserer Redaktion hat sich auch das NRW-Justizministerium geäußert - und die Bewertung fällt recht eindeutig aus.

„Abschiebungshaft ist keine Strafe“, betonte Justizminister Peter Biesenbach (CDU). „Das muss auch in der Unterbringung der Betroffenen deutlich werden.“ Neben erheblichen rechtlichen Bedenken sei wegen der hohen Auslastung der Gefängnisse in NRW eine Unterbringung der Abschiebungsgefangenen in diesen Haftanstalten auch gar nicht möglich.

Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Juli 2014 steht fest, dass die Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Deutschland ausschließlich in speziellen Einrichtungen zulässig ist. Auf Vorlage des Bundesgerichtshofs hatte der Europäische Gerichtshof zuvor festgestellt, dass die Unterbringung von Ausreisepflichtigen in Justizvollzugsanstalten gegen die europäische Rückführungsrichtlinie verstoße: Der Freiheitsentzug der abgelehnten Asylbewerber sei keine Strafe, deshalb müssten sie in speziellen Einrichtungen untergebracht werden.

Zwar wird über die Rückführungsrichtlinie den EU-Mitgliedstaaten bereits jetzt zugestanden, dringliche Maßnahmen in Bezug auf die Haftbedingungen zu ergreifen, die auch von dem Trennungsgebot abweichen dürfen, aber nur wenn eine unvorhersehbare Überlastung der Kapazitäten der Hafteinrichtungen abzusehen ist. „Eine solche Krisensituation liegt allerdings in Deutschland aktuell nicht vor“, sagte die Sprecherin der Landesjustizvollzugsdirektion, Richterin Johanna Heusel. Vielmehr seien fehlende Haftplätze eine absehbare Folge von Schließungen diverser Abschiebungshaftanstalten, von langwierigen Asylverfahren und unzureichenden Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern.

Unabhängig von diesen rechtlichen Bedenken fehlt es laut Heusel für eine Unterbringung „auch nur eines Teils“ der Abschiebehäftlinge in nordrhein-westfälischen Gefängnissen „nicht nur derzeit, sondern auch auf absehbare Zeit für Jahre an jeglichen Kapazitäten“.

Mit einer Belegungsquote von über 97 Prozent seien die Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen praktisch vollbelegt. Und auch die restlichen drei Prozent stehen laut Ministerium nicht zur Verfügung: Heusel erklärte, dass laufende Bauarbeiten im Justizvollzug immer wieder dazu zwängen, einzelne Hafthäuser zu räumen. „Diese vollzugsintern erforderliche ‚Rotationsmasse’ stellt den Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen schon jetzt laufend vor größte Schwierigkeiten, weil übermäßig Notgemeinschaften gebildet werden müssen und menschenunwürdige Unterbringungen stets zu vermeiden sind“, so Heusel.

Im letzten Punkt ging das Justizministerium auch auf die Frage der Notwendigkeit ein: Es bestehe gar kein Bedarf für eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Gefängnissen, hieß es. Die Justizvollzugsanstalt Büren sei in eine Unterbringungseinrichtung umgewidmet worden. In ihr wird ausschließlich die Abschiebungshaft vollzogen.

Aktuell stünden dort 140 Abschiebungshaftplätze zur Verfügung. Stand 15. April lag die Belegung bei 120 Personen.

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