Debatte um die Migration Die Achillesferse der Union

Berlin/Seeon · Die CSU hat sich auf ihrer Winterklausur auf das Wahljahr 2023 eingestimmt, die CDU folgt nächste Woche. Man will vor allem die Ampel vorführen, doch hinter den Kulissen gärt eine Diskussion über den Umgang mit der Migration. Und immer schwebt die Frage über der Diskussion, wie belastbar das Verhältnis der Schwesterparteien eigentlich ist.

 Markus Söder (r, CSU), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, und Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, kommen beim Auftakt der Winterklausur der CSU im Bundestag ins Kloster Seeon.

Markus Söder (r, CSU), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, und Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, kommen beim Auftakt der Winterklausur der CSU im Bundestag ins Kloster Seeon.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Klausuren von Parteien gelten oft als Testballon. Warum? Hier kann die Spitze ihre Themensetzungen und ihre Kommunikation vor Funktionären intern ausprobieren. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat in diesem Jahr eine Landtagswahl vor der Brust. Und so gab der CSU-Vorsitzende bei der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im Kloster Seeon schon mal die Slogans vor: „Weißblau statt woke“, kam bei den Seinen nicht schlecht an. Die Themen waren auch schnell gesetzt: Massive Kritik an SPD-Verteidigungsministerin Christina Lambrecht, die Beschwerden über die Bundeshauptstadt Berlin und die Ankündigung, gegen den Länderfinanzausgleich klagen zu wollen.

Landesgruppenchef Alexander Dobrindt setzte dann auch noch ein kleines Ausrufezeichen beim Aspekt Migration. Das geplante neue Einbürgerungsrecht, derzeit in der Ressortabstimmung, sei „nicht zustimmungsfähig“. Ansonsten aber wurde das Thema in Seeon eher stiefmütterlich behandelt. So wurde die Forderung von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nach einer Obergrenze bei der Zuwanderung von 200.000 Menschen etwa nicht mehr aufgegriffen. Das verwundert insofern, als der Migrationsdruck auf die Kommunen unverändert anhält und auch bayerische Landräte zunehmend verzweifeln. Doch das Thema gilt in der Spitze von CDU und CSU als heißes Eisen. Macht man Stimmung, wie es CDU-Chef Friedrich Merz mit dem Begriff „Sozialtourismus“ in Bezug auf ukrainische Flüchtlinge versuchte? Die CSU erlitt mit dem Thema Flüchtlinge 2018 ganz massiven Schiffbruch, es brachte die Fraktionsgemeinschaft der Schwesterparteien an den Rand der Auflösung.

Doch die Diskussion gärt, viele an der Basis in CDU und CSU fordern eine deutlichere Sprache. Die Frage, warum die Parteioberen die geringen Abschiebungen unter der Ampel-Regierung, die Überforderung der Kommunen oder das Clan-Gebahren nicht deutlicher zum Thema machen, sorgt bei vielen für Unverständnis.

Doch an der Spitze bremst man (noch). Denn die Abstimmung über das Chancenaufenthaltsrecht im Bundestag im Dezember zeigte, dass sich vor allem CDU-Abgeordnete, die über Jahre eng mit der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammengearbeitet haben, nicht so klar gegen die Reformen von SPD, Grünen und FDP in der Asyl- und Migrationspolitik positionieren wollen. 20 Mitglieder der Unionsfraktion enthielten sich bei der Abstimmung im Bundestag, darunter der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Kanzleramtsminister Helge Braun, Monika Grütters und Serap Güler.

In der CSU wurde das mit hochgezogenen Augenbrauen gesehen - die CDU müsse sich endlich von den liberalen Merkel-Positionen verabschieden, so heißt es auf den Fluren von Seeon. Denn keinem ist entgangen, dass viele NRW-Bundestagsabgeordnete unter den Abweichlern waren. Und in Düsseldorf gibt es eine mögliche Konkurrenz zu Kurs und Personen der amtierenden Führung von CDU und CSU: Der junge NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, der eine liberalere Haltung vertritt. Und so bleibt es bei der Migration in der Union spannend. Es ist ein Thema, das Potenzial zum Spalten hat.

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