Wahlkampf in Hessen Migranten beschweren sich über Roland Koch

Frankfurt/Main (RPO). Der Wahlkampf des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) stößt bei den Migranten auf Unmut. Wegen der Forderung Kochs nach schärferen Strafen gegen ausländische Straftäter haben sich die Migranten bei Bundeskanzlerin Angela Merkel beschwert.

Jugendgewalt 2008: Was an einem Tag passiert
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Foto: AP

Nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" haben 100 Organisationen von Zuwanderern einen offenen Brief an Koch und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geschrieben, in dem sie Vorurteile gegen Ausländer beklagen und vor einer Spaltung der Gesellschaft warnen.

In dem von der Zeitung zitierten Schreiben heißt es: "Wo offene, konstruktive Gespräche und an der Sachlage orientierte Lösungsvorschläge nötig wären, richten Sie durch Wahlpolemik erheblichen Schaden an." Ein kurzfristiger Erfolg in einem Landeswahlkampf könne es nicht wert sein, dass Vorurteile "neu geschürt" würden. Dadurch werde die Gesellschaft weiter gespalten.

Absender des Briefes ist das Forum für Migrantinnen und Migranten im Paritätischen Wohlfahrtsverband, das die Interessen von Organisationen der Zuwanderer vertritt. Es spricht von einem "herben Rückschlag für den für die gesamte Gesellschaft so wichtigen Integrationsdiskurs".

Koch gibt Fehler zu

Unterdessen gab Koch zu, dass Straftaten von Jugendlichen in seinem Bundesland von den Gerichten zu langsam bearbeitet werden. "Das Problem ist da", sagte der CDU-Politiker am Mittwochabend in der ARD-Sendung "hartaberfair".

Er bestätigte, dass die hessischen Amts- und Landgerichte bei der Bearbeitung von Jugendstrafsachen im Bundesländervergleich Schlusslicht sind. "Wir arbeiten an der Frage, wir müssen Wege finden. Das ist eine der Hausaufgaben, die wir noch haben."

Der CDU-Politiker, der die Diskussion um Jugendkriminalität mit der Wahlkampfforderung nach härteren Strafen angefacht hatte, sagte, es gebe "intensive Diskussionen" mit der Richterschaft über die langsame Bearbeitung der Fälle.

Nach ARD-Angaben dauert die Bearbeitung von Straftaten Jugendlicher vom Eingang bei der Jugendstrafkammer des Amtsgerichtes bis zum Urteil im Bundesdurchschnitt 3,1 Monate; Hessen ist dabei mit 4,1 Monaten Schlusslicht. Bei schweren Verbrechen, die vor dem Landgericht landen, ist demnach Thüringen mit 3,5 Monaten am schnellsten. Der bundesweite Schnitt liegt bei 5,4 Monaten, in Hessen dauert es acht Monate.

Koch sagte, härtere Strafen seien nicht das einzige Mittel gegen die Zunahme der Gewalttaten von Jugendlichen. "Ich bin jemand, der sehr der Auffassung ist, dass man das mit Pädagogik machen kann", sagte der Ministerpräsident. "Ich glaube aber, dass man Pädagogik ohne Härte nicht machen kann."

Differenziertes Vorgehen sei angebracht. "Kein Jugendlicher ist wie der andere. Der Katalog muss breit sein und nicht eng. Es gibt nicht eine Antwort", betonte Koch. Allerdings seien auch nicht "alle Maßnahmen der Repression falsch und alle Maßnahmen der Freizügigkeit richtig".

(afp)
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