Kursdebatte Merz warnt CDU vor Wählerverlust

Berlin (RPO). Schon knapp eine Woche nach seinem Rückzug aus der Politik hat sich Friedrich Merz wieder zu Wort gemeldet: Er warnte die CDU davor, das Bürgertum aus dem Blick zu verlieren. Eine eigene Partei will Merz nach eigenen Angaben nicht gründen.

In der CDU hält die Debatte über den Kurs der Partei an. Der CDU-Finanzexperte Friedrich Merz warnte die CDU vor dem Verlust bürgerlicher Wähler. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nannte Merz' Rückzug ein "Alarmzeichen". FDP-Chef Guido Westerwelle sieht die CDU auf dem Weg zu einer "schwarzen SPD". CSU-Chef Edmund Stoiber warnte die CDU vor einer zu liberalen Ausrichtung.

Merz betonte: "Es gibt zweifellos ein wachsendes politisch heimatloses Bürgertum. Die CDU sollte das im Auge haben und sich darum kümmern." Der Politaussteiger äußerte die Hoffnung, dass die CDU sich wieder auf die Beschlüsse des Leipziger Parteitages von 2003 besinnt. Damals hatte die CDU radikale Reformen in der Steuer- und Gesundheitspolitik beschlossen.

Merz stellte klar, dass er keine neue Partei gründen wolle. Dies hat er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zufolge auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versichert. "Ich habe ganz gewiss nicht die Absicht, einen Oskar Lafontaine auf der anderen Seite zu spielen", sagte er. Anders lautende Gerüchte seien "völliger Blödsinn". Ein Vertrauter von Merz aus der Wirtschaft bestätigte gleichwohl dem "Spiegel" Überlegungen zur Neugründung einer Partei, deren Potenzial Merz auf bis zu 15 Prozent schätze. Das Magazin zitiert Merz mit den Worten, man habe das Thema in kleiner Runde mal "sportlich durchdekliniert".

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte es "schade", dass Merz geht. "Viele in der CDU denken wirtschaftspolitisch wie Friedrich Merz, ich auch", sagte Schäuble. Das Koordinatensystem der Partei bleibe aber "ganz gewiss erhalten".

Schönbohm hat hier allerdings Zweifel. Der frühere brandenburgische CDU-Chef hielt Merkel und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla vor, die Grenzen zur SPD zu verwischen. "Die CDU-Führung versucht derzeit, der SPD Wähler abzujagen, in dem sie die Programmatik der Sozialdemokraten kopiert. Ich halte das für einen schweren Fehler", sagte Schönbohm. Dies könnte zur Bildung einer neuen Partei führen. Schönbohm hielt zudem Merkel vor, ihre Ankündigung aus der Regierungserklärung, mehr Freiheit zu wagen, nicht in praktische Politik umzusetzen.

Westerwelle legte Merz einen Parteiwechsel nahe. "Es wäre traurig, wenn ein so profilierter Vertreter einer marktwirtschaftlichen Politik von der Bühne verschwände, nur weil sich die CDU zu einer schwarzen SPD entwickelt", sagte der FDP-Chef. "Falls er sich politisch neu orientieren möchte, hat er meine Telefonnummer", sagte Westerwelle.

Der scheidende CSU-Chef Stoiber kritisierte indirekt den Kurs der Schwesterpartei. "Bei manchen anderen zählt das konservative Element nicht mehr viel. Bei uns in der CSU schon. Wir sind und wir bleiben eine wertkonservative Gemeinschaft", betonte Stoiber. Industriepräsident Jürgen Thumann forderte die Union auf, die soziale Marktwirtschaft Ludwig Erhardtscher Prägung mit der Betonung auf Marktwirtschaft wieder mehr in den Vordergrund zu rücken.

(afp)
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