Schwarz-gelbe Liebeleien Merz und Westerwelle flirten auf Wandertour

Winterberg (RPO). Friedrich Merz und Guido Westerwelle gemeinsam auf Wandertour - das sorgt während des Sommerlochs für Diskussionen. Steht ein Parteiwechsel des CDU-Rebellen an oder handelt es sich doch nur um PR? Geflirtet wurde jedenfalls.

 Merz und Westerwelle verstanden sich prächtig.

Merz und Westerwelle verstanden sich prächtig.

Foto: ddp

Merz und Westerwelle sind am Samstag kaum losgewandert, als der CDU-Bundestagsabgeordnete die gemeinsame Erkundung des Sauerlandes als etwas völlig Normales abtut. "Wenn mich die Stadt Winterberg einladen würde, mit Angela Merkel oder Franz Müntefering zu wandern, wäre ich auch sofort dabei", sagt Merz. Okay, bei Gregor Gysi wäre er wohl ins Grübeln gekommen. "Und bei Oskar Lafontaine hätte ich vorher einen trinken müssen."

Rund 200 Touristen und Bürger aus Merz' Bundestagswahlkreis sind gekommen, um den Politflirt auf 800 Metern Höhe mitzuerleben. Merz erscheint braun gebrannt und gut gelaunt. Er hat Trekkingschuhe an. Neben ihm steht FDP-Chef Westerwelle. Auch der Liberale trägt Wanderstiefel. In Schwarz. "Mit gelben Schnürsenkeln", wie Westerwelle betont. Man kenne sich "seit Studententagen", berichten beide. Mehr sei nicht, sagen die Politiker. Beide grinsen.

Westerwelle dementiert augenzwinkernd Pläne, er wolle Merz zu einem spektakulären Übertritt bewegen. Man habe sich doch nur zum "unschuldigen Wandern" getroffen. Dabei hatte er gegenüber "Bild am Sonntag" gesagt, die FDP habe "keinen Aufnahmestopp".

Auch Merz, der seit Jahren ein unterkühltes Verhältnis zur CDU-Kanzlerin Merkel pflegt, weist Nachfragen zu einem FDP-Wechsel mit einem Lachen zurück. Ein "Sommerlochthema" sei das, sagt Merz. "Nein, wir wollen hier über wichtige und langfristige Themen wie die Globalisierung diskutieren", sagt der christdemokratische Sauerländer über den Termin mit dem freidemokratischen Rheinländer.

Wanderlust zwischen Rivalen

Deutsche Politiker wandern gern, besonders innerparteiliche Rivalen schnürten in der Vergangenheit gemeinsam die Stiefel. Legendär sind die Wanderungen der CDU/CSU-Männerfreunde Helmut Kohl und Franz-Josef Strauß. "Wir verstehen uns nicht nur beim Wandern, sondern auch politisch und persönlich", sagte Gerhard Schröder im August 1997, als er mit dem damaligen SPD-Chef Oskar Lafontaine an der Saarschleife wanderte. Schröder wurde ein Jahr später Kanzler - doch das Bündnis der beiden Wandergenossen hielt nicht mehr lange.

Rechtsanwalt Merz, der 2009 aus dem Bundestag ausscheiden will, möchte sich nach rund 20 Jahren in Parlamenten auf seinen Beruf konzentrieren. Der Konservative aus Brilon hat sich auf die Hinterbänke des Bundestags zurückgezogen. Politische Äußerungen und Auftritte sind rar geworden. Doch der Ex-Fraktionschef der Union hat im Umgang mit den Medien nichts verlernt: Der Wandersmann posiert für die Kamerateams mit Westerwelle artig vor der Hügellandschaft.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion in der Schützenhalle gibt es zur Stärkung Kartoffelsalat mit Bockwurst. Aus dem Leierkasten erklingt "Mit 66 Jahren" - das Lied beschreibt ungefähr das Durchschnittsalter der versammelten Wandergesellschaft, die nun Merz und Westerwelle lauscht. Kaum ein Thema lassen die Diskutanten aus. Atomausstieg (falsch), mehr Reformen (richtig), Merkel (in der Außenpolitik gut), China (immer wichtiger) - man ist sich einig.

Wenn Merz dann - sichtlich zur Freude von Westerwelle - mit Verve für eine schwarz-gelbe Koalition nach der kommenden Bundestagswahl wirbt, erscheint er gar nicht wie ein künftiger Polit-Pensionär. Die Politik müsse "Führungsaufgaben" wahrnehmen, fordert er. "Wir haben in Deutschland alle Chancen, aber wir werden diese Chancen nicht 'im Schlafwagen' nutzen können", sagt Merz. Bundestagswahlen seien keine Kanzlerwahlen, sondern politische Richtungsentscheidungen.

Westerwelle kann es sich bei so vielen indirekten Sticheleien gegen Merkel nicht verkneifen, für das kommende Jahr die Kanzlerin als Wanderpartnerin von Merz in Winterberg vorzuschlagen. Nach fünf Stunden ist der Marsch durchs Sauerland vorbei, doch Merz und Westerwelle werden sich schon bald wieder sehen: Zum Abendessen bei der Herbstklausur der FDP-Bundestagsfraktion am 11. September im Kurhaus Wiesbaden. Westerwelle hatte Merz als Gastredner eingeladen.

(afp)
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